Wenige Tage vor Spirit Of The 90s hatte ich die Gelegenheit, um ein kleines Interview mit einem unserer beiden Headliner auf dem Techno-Floor zu führen, und zwar mit Talla 2XLC. Das Frankfurter Urgestein Andreas Tomalla führte in den 80er Jahren beim Sortieren von Schallplatten den Begriff „Techno“ für elektronisch produzierte Musik ein. Seinen 1984 gegründeten Technoclub gibt es auch heute nach über 40 releasten Compilations sowie unzähligen legendären Partyreihen noch immer und hat dabei schon altehrwürdige Clubs wie das Dorian Gray, U60311 oder zuletzt auch das Monza überlebt. In den 90ern brachten seine Labels „Tetsuo“ und „Suck Me Plasma“ etliche Hymnen hervor, die das Lebensgefühl eines ganz besonderen Jahrzehnts reflektieren. Ob eigene Produktionen oder Remixe, Talla ist heute noch genauso aktiv wie schon in früheren Jahren. Seine Radiosendungen auf Sunshine Live und auf Afterhours.FM werden stets von tausenden von Hörern verfolgt, und das weltweit. Im Jahre 2010 wurde er für seine musikalischen Errungenschaften mit der Ehrenplakette der Stadt Frankfurt am Main ausgezeichnet.
>>> Talla, wir freuen uns sehr, dich am 20. April bei "Spirit Of The 90s" hinter den Decks zu erleben. Warst du schon mal in Bad Kreuznach?
Antwort Talla: Hallo! Ich glaube, dass ich zum ersten Mal in Bad Kreuznach bin.
>>> Eine Reihe bekannter Dj-Kollegen war seit den 90ern schon zu Gigs in unserer Stadt: Marc Spoon, Marco Zaffarano, Andy Düx, Toni Rios, Eric Sneo, Felix Kröcher, Mike Väth oder auch zuletzt Pascal FEOS. Nun füllen du und Taucher die Liste auf. Was sagt das über die elektronische Musik-Szene in unserer kleinen Kurstadt aus?
Antwort Talla: Das sagt aus, dass man in eurer beschaulichen Stadt auch weiß, wie gut gefeiert wird. ;-)
>>> Wenn wir heute über elektronische Musik oder auch "Electronic Dance Music" (EDM) reden, meinen wir dann nicht das, wofür du in den 80ern in einem Frankfurter Plattenladen den Begriff "Techno" eingeführt hast? Worin liegt der Unterschied und woher rührt die neue Namensgebung?
Antwort Talla: Im Grunde genommen wird die ganze Musik mit einer Technologie produziert, die in den 70/80ern erfunden wurde. Natürlich ist inzwischen alles kleiner und digitaler, aber der Ursprung ist der gleiche. Früher war alles spannender, weil das Neuland für die DJ´s, Produzenten und das Publikum war. Heute ist es eher ein Recycling vorhandener Ideen.
>>> Seit nunmehr über 30 Jahre bist du im Geschäft, sowohl als Dj als auch als Produzent. Der Technoclub findet nach wie vor regelmäßig statt, die gleichnamige Compilation erscheint bereits seit 1997 ununterbrochen, das ganze Jahr über hast du weltweite Gigs und selbst auf Großevents wie der Nature One oder auch dem niederländischen Luminosity Beach Festival bereicherst du das Line Up. Was macht deine Arbeit so erfolgreich?
Antwort Talla: Das ist wohl meine Authentizität, ich mache das nicht primär des Geldes wegen, sondern weil es meine Passion ist. Ich liebe elektronische Musik in all ihren Facetten, wobei meine Liebe auch den Melodien gehört. Ganz monoton ist nicht so mein Ding. Und sind wir mal ehrlich, auch die undergroundigsten Hits kommen nicht ohne ein bisschen Melodiesequenz aus. Denn nur das trifft die Seele wirklich. Ich arbeite 24/7 für und mit der Musik und es macht mir immer noch totalen Spaß. Ich komme gerade von einer Tour aus Taiwan zurück. Das war zwar sehr anstrengend, aber die Freude und der Spaß überwiegen den Stress. Man lernt viel Leute kennen, und kann sich auch sehr zu neuen Ideen inspirieren lassen.
>>> Stichwort Technoclub Compilations: Eine einzige Folge von den bislang insgesamt 41 Releases war ohne dein Mitwirken, und zwar die dritte, mit Mario de Bellis und Taucher. Als ich dich vergangenen Sommer auf dem "Dance For Love"-Event in Hattersheim darauf ansprach, sagtest du im Spaß, Taucher wollte mal alleine´ne Technoclub machen und diese sei prompt die bis dato am wenigsten erfolgreiche gewesen. Das war 1998. Es folgte wieder eine Technoclub mit dir und ihm, vergangenes Jahr begangt ihr eure "Reunion"-Tour und nun trefft ihr bei "Spirit Of The 90s" wieder zusammen. Was zeichnet Taucher als langjährigen Weggefährten von dir aus?
Antwort Talla: Taucher ist ein wichtiger Weggefährte meiner Karriere, ich holte ihn 1997 als Resident in den Technoclub, der damals im Dorian Gray am Frankfurter Flughafen stattfand. Zu dem Zeitpunkt schwammen wir auf einer Wellenlänge, er machte tolle Remixe für mich und mein Label und unsere gemeinsamen Sets waren legendär. Leider entschied er sich Ende 1999, nur noch alleine zu spielen und später kehrte er dem Trance in dieser Form ganz den Rücken. Er tat damals der Szene und sich keinen Gefallen, aber manchmal schlägt man einen Weg ein und weiß nicht wohin er führt. Ende 2011 kamen wir zufällig wieder zusammen und ich tüftelte mit ihm die Idee der Reuniontour aus, die seitdem sehr erfolgreich läuft. Ich schätze ihn immer noch sehr und es freut mich wieder mit ihm zusammenzuarbeiten. Vielleicht machen wir auch eine CD wieder mal zusammen.
>>> Wenn man sich mit der Musik der 90er beschäftigt, führt auch kein Weg an Namen wie Thorsten Fenzlau, Marc Spoon oder auch Tillmann Uhrmacher vorbei, die leider allesamt nicht mehr unter uns sind. Welche Erinnerungen, welche Erlebnisse verbindest du mit ihnen?
Antwort Talla: Alles zu erzählen, würde hier den Rahmen sprengen. Das waren alles hervorragende Entertainer, die leider alle zu früh von uns gegangen sind. Jeder mit seiner eigenen Geschichte, die dazu führte. Es ist schade für die Szene, dass wir sie verloren haben, aber leider macht das Schicksal vor keinem halt. Auch ich hatte im Dezember mit einer beidseitigen Lungenembolie, die aus dem Nichts kam, so meine Probleme. Aber glücklicherweise ging das gut. Da weiß man das Leben noch mehr zu schätzen.
>>> Wer schon so lange dabei ist wie du, der dürfte schon fast alles gesehen und erlebt haben. Was war früher, was ist heute besser?
Antwort Talla: Ihr stellt Fragen. ;-) Ich will es so beantworten. Für die Jugend von heute ist die heutige Zeit die beste, weil sie es nicht anders kennen. Ich finde die Globalisierung, das Internet, das ganze Digitale, macht das Leben schneller und menschenfeindlicher, deswegen schätze ich die 80er und 90er mehr. Das waren zwei tolle Jahrzehnte. Man konnte ausgelassener feiern, als normaler Künstler konnte man Geld verdienen, und für die Arbeitnehmer war der Arbeitsplatz sicherer als heute. Aber wie gesagt, die Jugendlichen von heute sehen das vielleicht anders.
>>> Gegenwärtig beschäftigst du dich sehr stark mit dem Thema GEMA-Gebühren. Welchen Einfluss haben sie deiner Ansicht nach auf die Zukunft der deutschen Clublandschaft?
Antwort Talla: Obwohl ich GEMA-Mitglied bin seit vielen Jahren, bin ich auch DJ und Veranstalter. Was die GEMA momentan macht, ist eine bodenlose Frechheit und zugleich Ungerechtigkeit. Es geht denen einzig und allein darum, sich aus ihrem ominösen Topf zu bedienen und ihre Uralt-Saufkumpanen alias „außerordentliche Mitglieder“ mit Euros zu versorgen. Das normale Mitglied geht nahezu leer aus. Ich mag gar nicht weiterdenken, sonst platzt mir noch der Kragen...
>>> Mit "Spirit Of The 90s" möchten wir die 90er zumindest für eine Nacht wieder aufleben lassen. Was macht für dich rückblickend den Zeitgeist dieses Jahrzehnts aus und was empfiehlst du uns, damit uns dies weitestgehend gelingt?
Antwort Talla: Einfach auf die tollen Oldschool Sounds einlassen...Arme hoch, Augen zu und mitreißen lassen. Die Musik in den 90ern wurde noch mit ganz viel Spaß produziert, das hört man den Songs auch an.
>>> Deine abschließende Message an die Besucher von "Spirit Of The 90s"?
Antwort Talla: Let your mind dive!
VIELEN DANK TALLA!!!