Max Cooper "Egomodal EP"

Track Rating
6.0 / 6
(3 Bewertungen)
  • N'Abend zusammen!

    Wenn mal wieder eine neue EP von Max Cooper das Licht der Welt erblickt, braucht man mich bekanntlich nicht allzu inständig bitten, diese rezensionstechnisch in zahlreichen ausgewählten Worten abzuarbeiten, zähle ich doch seit seiner ersten herausragenden Veröffentlichung auf dem Kölner Melodiegourmetlabel Traum Schallplatten unbestritten zu einem seiner größten Sympathisanten im hiesigen Forum. Mittlerweile sind wir zwar sage und schreibe schon bei der insgesamt achten Traum-Trackzusammenstellung angelangt, wenn ich mich nicht verrechnet habe, sowohl die Güte der sphärischen Klangraffinessen aus den Tiefen der Düsternis als auch die detailverliebte Feinjustierung der Produktion überwältigen mich jedoch stets aufs Neue. Das im Laufe der Zeit zudem immer genreübergreifender angelegte Spektrum der Cooper-Stücke setzt dem Ganzen dann zumeist noch verdientermaßen die Krone auf, wie es auch bei der frisch geschlüpften und zwischen Atmospheric Techno, Minimal Progressive sowie Dubstep-Anleihen changierenden Egomodal EP erneut der Fall ist. Mit fünf neuen Stücken und drei namhaften Remixarbeiten präsentiert sich der akustische Osterkorb auf jeden Fall prall gefüllt, wobei diese Beschreibung nicht weniger auf den Tourplan des Briten zutrifft, welcher ihn im kommenden Sommer mit seinen großartigen Livesets übrigens auch wieder mehrmals nach Deutschland führt (6.6. im Artheater, Köln – 8.6. in der Hafenliebe, Dortmund – 23.6. im Suicide Circus, Berlin – 3.8. im Odonien, Köln). :yes:

    Epitaphy beginnt den Klangreigen als erstplatzierter Track auf der EP zwar, eignet sich jedoch nur bedingt als Eisbrecher, konzentriert sich das Ganze doch viel lieber auf die nachtumwehte Entfaltung leicht verstörend agierender Melodieelemente, welche sich der stetigen Unterstützung eines äußerst minimalistisch klickernden Drummings sicher sein dürfen. Zwielichtige Effekt- und Toneinwürfe sezieren dabei in regelmäßigen Abständen Zeit und Raum, bevor die angenehm zwielichtig dreinschauende Anwandlung einer Bassline alsbald auch noch gepflegt den Groove auspackt und zusammen mit dem kaskadenartigen Tonflimmern sowie einigen sich nach und nach aus dem Hintergrund herausschälenden Alternativtönen den geneigten Hörer zunehmend eindrücklicher in seine tiefgekühlte Emotionsspirale hineinzieht. Im mittig angelegten Break machen die etablierten Elemente zwar zunächst kurzzeitig Bekanntschaft mit einem dunklen Streicherfragment, lassen dieses allerdings schnell wieder links liegen, um sich umso intensiver um die Erforschung neuer Pfade auf Seiten der vielseitigen Melodielinienansätze zu kümmern, sodass sich das Ganze insbesondere in der anschließenden Kooperation mit dem nihilistischen Untergrund nun bis zum späteren Rückbau in überaus spannender Manier stetig auf- und abschaukelt. Trotz des beizeiten aufkommenden Gefühls fehlenden Drucks aus dem Drumming heraus ist der Track in der Lage, seine verstörende Botschaft aus dem Jenseits gelungen ins Hier und Jetzt zu übertragen, wovon auch vorzeigbare 5/6 zeugen. :D

    Autumn Haze wiederum verbindet den Minimalismus des Vorgängers mit der gewissen Portion atmosphärischer Wärme und bettet seine fragilen Melodielinien in diesem Zusammenhang auf berührende Melancholie, wenngleich diese der im Tracktitel enthaltenen Jahreszeit doch deutlich besser entspricht als der jetzigen. Dies mindert die Ausdruckskraft der hiesigen Tonfolgenfragmente selbstverständlich keineswegs, stellen diese doch bereits im Intro, in dem sie sich in feinsinniger Manier zusammenstellen und mit klickernden Effekten sowie dezent arrangierten Flächenstücken verzieren, ihre einfühlsamen Charakterzüge in den Vordergrund. Im Zusammenspiel mit einem skelettierten Drumming, welches dennoch einige subtil groovende Basstöne sein Eigen nennen darf, geraten die Tonflächen zwar zunächst einmal wieder außer Sichtweite des Stücks, sodass sich die wunderbar detailreich inszenierten Melodietröpfchen mit einigen alternativen Entwicklungen verdichten können, fortan wird die leicht kontrastreich düstere Machart der Begleitflächen allerdings regelrecht herbeigesehnt, sodass diesem Wunsch alsbald auch stattgegeben wird. Ab dem Break, in dem sich besonders die Melodietöne durch zahlreiche spannende Instrumentierungswechsel und Fragmentierungen hervortun, tritt die mittlerweile unverzichtbare Hintergrundbegleitung zudem in wabernder Art und Weise auf, wovon in der zweiten Hälfte des Stücks vor allen Dingen die sphärische Intensität profitiert, schwellt die Tonfläche doch immer mal wieder gekonnt beunruhigend an und ab und sichert dem Ganzen schlussendlich auf dem Silbertablett servierte 5,75/6.

    Raw als Dritter im Bunde macht seinem Namen dann in der Tat alle Ehre, dafür beehre ich gern wieder einmal das allseits beliebte Phrasenschwein. Das Motto heißt hier schließlich keineswegs „Wo rohe Kräfte sinnlos walten“, vielmehr herrscht eine Rückbesinnung auf die rohe Durchschlagskraft eines entschlackten Minimaltechno-Kleinods vor, welches im Endeffekt durch die Hinzunahme sägender Klangflächen in charakteristischer Cooper-Bauart auch in sphärischer Hinsicht zu punkten imstande ist. Zu Beginn übt sich der Track zwar erfolgreich im unscheinbaren Bluffen, präsentiert mit einer monotonen grummelnden Basstonfläche aber bereits die Basis für die anstehende Reise in die Finsternis, welche ab dem ersten Kurzbreak langsam Gestalt annimmt. Die Verantwortung dafür darf dabei vor allen Dingen einer deutlich dreckiger, bedrohlicher und aggressiver auftretenden, zweiten Bassebene in die Schuhe geschoben werden, in deren Gesellschaft die bisherige Grummelfläche nur noch als passender Subbass fungiert. Ein zweites Kurzbreak rollt dann wiederum den bereits erwähnten, wunderbar unheilvoll durch Mark und Bein sägenden Klangstücken den roten Teppich aus, welche in Kooperation mit den beiden Bassebenen dem hiesigen Track noch ein wenig schwärzer zu kleiden wissen. Da das Ganze zudem äußerst druckvoll zu Werke geht, muss der gemeine Hörer sprichwörtlich stets damit rechnen, die Zwölf poliert zu bekommen, wodurch – zumindest für mich gesprochen – die Gesamtbewertung von 5,25/6 sicherlich nicht in Mitleidenschaft gezogen werden würde… ;)

    Einen völlig konträren Ansatz verfolgt dagegen Simplexity, welches sich in Dubstep-Gewässern bewegt und diese mit einem außergewöhnlichen Vocalfragmentkonzept zu beleben weiß. Der Aufbau atmosphärischer Großtaten steht dabei zwar nicht im Vordergrund, dafür begeistert der Track den gemeinen Audiophilen bereits im Intro mit einer äußerst vielseitigen und scharfkantig produzierten Effektschar, welche sich alsbald um ein typisch schleppendes Beatgerüst inklusive zwielichtig anmutender Bassflächenwellen versammelt und nach zwei Minuten ekstatischer Bewegungsabläufe schließlich die ersten relativ positiv gestimmten Vocalschnipsel heraufbeschwört. In Kooperation mit weiteren spannenden Effekthappen und einem zunehmend wabernd gestalteten Untergrund verdichten sich die frisch durch den Fleischwolf gedrehten Stimmenstücke zusehends und sorgen in diesem Zusammenhang nicht nur für eine Verschärfung der Kontraste, sondern beflügeln mich sogar dazu, den hiesigen Track und das von mir nur in äußerster Sparsamkeit benutzte Wörtchen Innovation in ein- und demselben Satz unterzubringen. Nichtsdestotrotz kann ich dem Ganzen „nur“ 5/6 kredenzen, bewegen sich die experimentellen Vocalfragmente doch auf längere Sicht gesehen meines Erachtens einfach zu nah an der guten alten Nervenstrapazierung.

    Micron als letztes neues Cooper-Machwerk der EP zeigt sich in seiner Klangauswahl wieder deutlich charakteristischer, setzt das Stück doch voll und ganz auf die grazil düstere Deepness angeschrägter Flächenfahnen, welche nicht allzu lang fackeln und von Beginn an ihre markant morbide Ausdruckskraft über den Äther transportieren können. Unterstützt von einem minimalistisch arrangierten Drumming mitsamt eines herrlich brodelnd geratenen Basswandkonsortiums, subtil eingeflochtenen Klopfeffekten und alsbald als passende Begleitung initiierten Stimmenflächen etabliert sich der Track mehr und mehr als hypnotisierende Weltuntergangsstimmung im Grenzbereich zwischen Club und Kunst. Wenn sich dann noch tröpfchenartige Melodietonfragmente in wunderbar zurückgenommener Dosierung auf die Flächenfahnen legen und der Untergrund peu à peu druckvoller zu agieren weiß, ist es in dieser unwirklichen, aber doch überaus intensiven Szenerie endgültig um mich geschehen – daran kann auch ein zwischenzeitlich eingelegtes Break nicht rütteln. Vielmehr fungiert dieses als gelungene Vorlage für das virtuose Trackfinale, in dem sich alle Melodieelemente noch einmal die Klinke munter in die Hand geben und zusammen mit dem unvermindert düster nach vorn grummelnden Drumming eine postmoderne Atmospheric-Techo-Gala aufführen. Chapeau, Monsieur Cooper, die 6/6 sind ihnen hiermit sicher! :)

    Da der Textfluss dieser Rezension bis hierhin bereits erneut völlig aus dem Ruder geraten ist, möchte ich die Bewertung der noch ausstehenden drei Remixarbeiten nun so kompakt wie mir möglich nachreichen. Autumn Haze in Ripperton’s „Frostbite” Remix zum einen lädt das Original zu einem zehnminütigen Rendezvous ein, sodass sich nicht nur Zeit findet, dem Ganzen in ansprechender Manier eine ausgedehnte Intro-/Outro-Thematik anzudichten, sondern mit Hilfe eines schön stakkatierten Basslinefragments auch deutlich mehr Groove unterzujubeln. Die gelungene Mischung aus alternativen Melodieansätzen und schwermütigen Originalflächen, garniert mit verstörenden Vocalschnipseln, steht dem Original imho auf jeden Fall in nichts nach, sodass ich erneut nach den verdienten 5,75/6 greifen möchte. Marc Romboy’s „Sub Attack“ Remix von Raw entführt die in der Vorlage vorherrschende rohe Ausdruckskraft dann in ein erstaunlich positiv konnotiertes Stimmungsumfeld, wobei zunächst einzig eine zurückgelehnt wabernde Bassline inklusive düster schimmernder Subbässe noch vom Original erzählt, während an der Oberfläche schon fast frühlingshaft anmutende Alternativmelodiefragmente ihre Kreise ziehen. Obwohl diese zunächst recht unscheinbar wirken, sind diese in der zweiten Hälfte in der Lage, sogar die bekannten verzerrten Bassflächen in ein deutlich helleres Licht zu stellen, während das Drumming sich in regelmäßiger Manier absichtlich hinter seinen eigenen Beats herschleppt und die hiesige Überarbeitung nicht nur weiter aufwertet, sondern auch schlussendlich 5/6 unter Dach und Fach bringt. Simplexity im Rone Remix verführt das experimentelle Dubstep-Original zum Abschluss zu einem Ausflug in die Gefilde gerader Beats, in welchen die Vocalfragmentdichte zwar eine gesunde Prise heruntergefahren wird, mit Hilfe von passend eingesetztem Nachhall und harmonischen Alternativmelodietönen aber in sphärischer Hinsicht deutlich stärker die Gehörgänge belagert werden. Unterstützt von einem düsteren Basslinegrummeln, welches sich mitunter auch einige knarzige Momente gönnt, sowie immer wieder spannenden neuen Melodieeinwürfen bleibt im Laufe des Ganzen zwar stetig weniger vom Original übrig, dieser Umstand ermutigt mich jedoch umso mehr, die 5,25/6 für diesen gelungenen Remix, der auch von einem Dominik Eulberg stammen könnte, zu zementieren. :yes:


    Greetz,
    :: der hammer ::

    Einmal editiert, zuletzt von hammer (9. April 2012 um 20:03)

  • Wäre ich nicht eine Woche ohne Internet gewesen, hätte ich die EP auch vorgestellt - aber so bist du mir zuvorgekommen und hast sie in gewohnt unnachahmlicher Manier gewürdigt. :D

    Bekannterweise bin ich ja, trotz meiner Vorliebe für Uplifting, ein Fan vom Cooper-Sound. Diese EP ist wieder mal famos geworden.

    Micron, Autumn Haze und Raw
    sind hier meine Favoriten und sicherlich alle im Bereich von 5,5-6/6 anzusiedeln.

    Die anderen beiden Tracks finde ich nicht sooo stark, sind aber in Ordnung.
    Die Remixe bieten tolle Alternativen, sodass am Ende für jeden was dabei sein sollte.

    Raw ist viellleicht mein liebster Track - der ist einfach so unfassbar böse. :huebbel: