N’Abend zusammen!
Was lange währt, wird endlich gut – auf keine Veröffentlichungspolitik treffen diese Worte besser zu als auf diejenige des von vielen Seiten heißersehnten Debüttrackmonstrums eines gewissen Thomas Smith, da spendiere ich auch dem Phrasenschwein äußerst gern mal wieder einen verdienten kleinen Obolus. Hinter besagtem Allerweltsnamen-Pseudonym versteckt sich übrigens anscheinend kein Geringerer als einer der kreativsten Köpfe im stets weitzufassenden Bereich progressiver elektronischer Tanzmusik. Wenn ich nun noch halbwegs beiläufig anmerke, dass das Stück, um das es im Folgenden gehen soll, vor wenigen Tagen auf dem im letzten Jahr von besagtem Ausnahmeproduzenten neu gegründeten Label Last Night On Earth erschienen ist, auf dem selbiger vor einem halben Jahr mit einem fulminanten Vocaltrack namens „Cut Me Down“ auch seine zwischenzeitlich eingelegte Produktionsabstinenz beendete, dann sollte sicherlich spätestens jetzt auch dem Letzten aufgegangen sein, dass ich selbstverständlich von Alexander Paul Coe alias Sasha fabuliere. Durch seine Sets geisterte Retina Scan, so der Titel des atmosphärischen Klickertrips für die ganz großen Tellerrandmomente, auf jeden Fall seit mehr als nur geraumer Zeit, hat meine Wenigkeit den herausragenden Track doch schon im vergangenen Frühjahr mit allem Drum und Dran lieben gelernt und dementsprechend bereits in den favorisierten Zehn vom Mai 2011 verankert (ich habe ausdrücklich für euch nachgeschaut). Nun aber schnellstens den elendig-staubigen Vorhang gelüftet, wir haben schließlich mittlerweile lang genug vor verschlossenen Türen (im Westfälischen auch: „vor zuen Türen“) verharrt…
Der Original Mix, der im Netz auch als „Cheefroberts Edit“ sein Unwesen treibt, geht jedenfalls von Beginn an keine Kompromisse ein und bereit der gemeinen Hörerschaft derweil ein von vorn bis hinten von zirpenden, schlackernden und klickernden Elementen und Effekten gesäumtes Drumming, welches nur so sprüht vor Detailverliebtheit und Spielfreude. Angetrieben wird das Klangsammelsurium dabei von einem schön monoton gehaltenen Basstonschwingen, welches sich auch von alsbald hinzugewonnen, ersten Melodieanleihen nicht wirklich aus seiner Ruhe bringen lässt und bis zum Schlusspunkt des Tracks seiner Rolle als repetitive Basis im Sinne eines bodenständigen Gegenpol zu den mittlerweile mehr und mehr ausfransenden Tonfolgenbögen mehr als gerecht wird. Im Gegenzug macht das Ganze in diesem Zusammenhang vor allen Dingen auch in sphärischer Hinsicht nachhaltige Fortschritte, wenn sich zum anfänglich in Solomanier auftretenden Tonsplittern die Schar an mystisch anmutenden Alternativflächeneinwürfen peu à peu dezent zu verdichten und das Ganze in überaus erfolgreicher Manier irgendwo an der grünen Grenze zwischen Zwielicht und Geheimniskrämerei anzusiedeln weiß. Aus den sporadischen Flächeneinschüben entwickelt sich hierbei zudem immer markanter eine ganz eigene Melodielinie, welche sich auch im anstehenden Break zunächst noch in mehr als ansprechender Art und Weise gegenüber einem anschwellenden Effektbecken behaupten kann, ehe letzteres sich im Folgenden dann doch zu übermächtig aufplustert und die Melodietöne kurzzeitig in Form einer wahrhaftigen Lawine überrollt. Wie ihr Vorbild in der Natur ist ihr Wirken allerdings nur von kurzer Dauer, sodass die glücklicherweise unverletzt gebliebene Melodieebene sich im Anschluss langsam aber sicher aus dem Effektschwitzkasten befreien kann und in Kooperation mit dem ebenfalls wieder angeworfenen Untergrund den nächsten sphärischen Intensitätsschub anpeilt. Setzt sich das Drumming dann erneut in vollem feinsinnig-klickernden Umfang in Szene, werden die für einige Augenblicke nach den Sternen gegriffenen Flächenstücke zwar zunächst nicht mitgenommen, sind allerdings in galant-progressiver Manier im weiteren Verlauf fraglos in der Lage, sich aus dem Hintergrund wieder an die Spitze des hiesigen Feldes zu arbeiten und ein letztes Mal Tonsplitter, Flächeneinwürfe und Klickerarmada zu einem leicht anschwellenden, stets wunderbar mystisch umwehten Klangteppich zu formen. Alles in allem eine herrlich hypnotische Angelegenheit, die mich mit ihren kreativen Gelüsten seit dem ersten Hören in den Bann zieht und dementsprechend keine Scheu besitzt, die hochachtungsvollen 6/6 aus meinem Bewertungskeller hervorzulocken.
Die zwei ebenfalls zum Paket der EP gehörenden Remixarbeiten sind dann meines Erachtens in keinster Weise imstande, dem glorreichen Original auch nur auf einer einzigen Ebene anhaltend Paroli bieten zu können und entpuppen sich somit ausschließlich als schmückendes Beiwerk. Der SCB Edit des britischen Wahlberliners Scuba beispielsweise verliert sich in unterkühlten technoiden Gefilden, in denen die Konzentration auf Fragmenten des bekannten Klicker- und Effektimperiums liegt. Trotz nicht vorhandener Melodieanbandlungen schleicht sich die atmosphärische Komponente zwar in undurchsichtigen Schlieren durch das betont düster gehaltene Ambiente, zehrt in diesem Zusammenhang aber mehr von der Verspultheit der eingesetzten Klangspuren als von intensiven Klangmustern. Im Anthea Scholtz Delayed Remix wird dem Originalthema hingegen ein wesentlich deeper sowie unaufgeregter gestalteter Überhang übergeworfen, sodass die bekannten Melodielinien nun deutlich reduzierter auftreten und in Form verschleierter Toneinsätze eher im Hintergrund als an vorderster Front ihre Erfüllung finden. Düster grummelndes, aber subtil zurückgenommenes Basslinewummern begleitet die Überarbeitung dabei wunderbar unprätentiös und sorgt für eine angenehme Kontrastverschärfung, welche wohl vor allen Dingen zu vorgerückter Stunde ihr deepness-geschwängertes Potenzial am besten abzurufen vermag.
Greetz,
:: der hammer ::