N’Abend zusammen!
Kurz bevor ich mich in die traditionelle Weihnachtspause verabschiede, möchte ich die Aufmerksamkeit der geneigten Forumsschar noch ein letztes Mal auf die vielseitig befahrbaren Annäherungen an den Tellerrand der hiesigen Tracksrubrik richten. Dort haben sich schließlich jüngst zwei erfolgreiche Soloproduzenten, die Tracks noch nie nur nach reiner Funktionalität zusammengezimmert haben, zwecks einer ausschließlich auf den ersten Blick ungewöhnlich wirkenden Kollaboration eingefunden. Stattdessen suchen die beiden aus den Grenzgebieten von Progressive House und Techno stammenden Lichtgestalten ihr sphärisches Glück immer wieder gern in repetitiven Gefilden, welche den gemeinen Hörer in steter Regelmäßigkeit positiv einzulullen und aus der tieflandwinterbefreiten Realität zu katapultieren wissen. Insgesamt drei vorweihnachtliche Geschenke hält das deutsch-kroatische Duo aus Gregor Tresher und Petar Dundov auf Music Man Records parat – klicket die in den folgenden blumigen Worten erscheinenden Links an, erfreuet euch an der Beweihräucherung elektronischer Musik und genießet vor allen Dingen die teilweise bis zum Exzess ausgelebte Melodievielschichtigkeit, Amen!
Duo Tone als Titeltrack legt auf jeden Fall schon einmal ein gehöriges Tempo vor, wenn bereits nach wenigen Momenten Einwirkzeit eines angenehm düster groovenden Untergrunds die ersten stakkatierten Fragmentspitzen einer peu à peu aus dem Schatten heraustretenden Tonfolge in Richtung Manegenrund drängen. In ihrem progressiven sowie verspielten Auftreten dürften letztere dabei vor allem aus der Feder von Petar Dundov stammen, wohingegen das zwielichtig stierende Drumming mit seinen bis fast bis hin zur Arroganz monotonen Basslineeinwürfen eher dem Druckpotenzial ähnelt, welches Gregor Tresher oftmals seinen Tracks als Unterbau unterjubelt. Zunehmend verstärkt durch ein interessantes Tonflackern, welches mich etwas an eine bestimmte Gitarrenspielart erinnert, sowie das stetig forcierte Beschreiten immer neuer, spannender Klangpfade auf Seiten der mittlerweile nicht mehr wegzudenkenden Melodielinienfragmente ist das Stück in der Lage, gemächlich, aber nachhaltig die Leidenschaft aller Progressive-Vernarrten zu entfachen, während auch im weiteren Verlauf das Tor für alternative Entwicklungen der Melodielinie weit offen gehalten wird. Einzig das Drumming lässt sich von den wunderbar verspielten Tonklängen nicht wirklich aus der Ruhe bringen und entpuppt sich trotz seiner leicht düster durchscheinenden Grundstimmung als überzeugender Ruhe- bzw. Gegenpol zu den vielseitig umherirrenden Melodiefolgen. Im anstehenden Break sind letztere dennoch gefordert, sich zurücknehmen und dem sachten Herannahen eines äußerst monotonen Stakkato-Klangeffekts beizuwohnen, welchem in der folgenden Phase sogar erlaubt wird, in Zusammenarbeit mit dem Untergrund das Heft innerhalb der Melodieebene an sich zu reißen, während die konträr ausgerichtete Verspieltheit der bisherigen Tonfolgen zunächst noch erfolgreich angekettet verbleibt. In sphärisch verdichteter Kollaboration mit subtiler, aber einnehmender Flächenarbeit sowie weiterem quickfidelen Alternativmelodietreiben gelingt es den Tonlinien im letzten Drittel dennoch ein weiteres Mal, sich als Speerspitze der hiesigen Melodieebene in den Gehörgängen festzusetzen. Melancholische Flächenstücke, monotone Untergrunduntermalung sowie nach den Sternen greifende Melodiespielereien in einem von progressiven Entwicklungen bestimmten Track lassen mich summa summarum auf jeden Fall nicht an verdienten 5,25/6 vorbeisegeln.
Orbits im Anschluss setzt dann zwar auf ein vergleichbares Konzept, hat jedoch für meinen Geschmack die besseren Charaktere für sich gepachtet und präsentiert sich im Vergleich zum Vorgänger zudem ein gutes Stück fordernder gegenüber dem gemeinen Hörer. Mit Hilfe einer deutlich flexibler gestalteten Bassline ist es auch für die gewisse Groove-Komponente einfacher, sich in prägender Art und Weise im Untergrund des Ganzen einzunisten und schon nach wenigen Augenblicken die ersten Andeutungen der vielschichtigen Melodieebene heraufzubeschwören. Selbige setzt sich zu diesem Zeitpunkt zunächst zwar nur aus tänzelnden Stakkatönen zusammen, in Kombination mit absichtlich leicht disharmonisch aufgestellten Echotönen entsteht jedoch bereits während des progressiven Anbahnens eine gewisse knisternde Spannung, welche sich zusehends mit der wachsenden Neugierde, wie sich die Elemente innerhalb der Melodieebene wohl im weiteren Verlauf duellieren werden, positiv verbindet. Flächigere Begleittöne lassen letztere auf jeden Fall ab dem kommenden Kurzbreak zunehmend deutlich in den Raum greifen, wohingegen dezent eingewobene Anschwellaktionen vor allen Dingen in Sachen sphärischer Intensität punkten können. Weiteren Schwung erhält die Melodieebene durch das Einwerfen entspannter Alternativtöne, welche sich von dem hektischen Querfeldeinparcours der bisherigen Elemente nicht abschrecken lassen und alsbald zusammen mit wärmenden Flächenstücken ein zweites Kurzbreak einleiten. Zeigte sich das sphärische Geschehen bisher als eine Mischung aus mystischen und undurchschaubaren Ecken und Kanten, so gerät das Ganze nun kurzzeitig in etwas wohliger zu charakterisierende Gefilde, welche sich auch von der Verwandlung der Bassline in eine dezent grummelnde Wand zunächst nicht beeinflussen lassen, ehe jene auf dem Höhepunkt wieder ihr Groove-Gewand hervorkramt, ein von Effektwolkenfetzen umflanktes, astreines Solo hinlegt und auch in Kooperation mit dem restlichen Drumming die Melodieebene erst einmal noch im Hintergrund arbeiten lässt. Dieser Aggregatzustand verbleibt jedoch natürlich nicht bis zum Schlusspunkt, werden im Folgenden doch bereits die ersten spitzen Fragmente der verschachtelten Melodieebene nach oben geschickt, sodass diese sich im letzten Drittel in bester progressiver Manier wieder als treibende Kraft des Stücks im Spiegel ansehen darf, ehe ein galanter Rückbau inklusive stakkatotonverliebtem Outro das Ganze zu Ende führt. Alles in allem haben wir es hier meines Erachtens mit einer mehr als gelungenen Kollaboration zu tun, bei der sich die besten Zutaten von Dundov und Tresher zu einem großartigen 5,5/6er-Track verschmelzen, der zwar mehrere Durchläufe braucht, um zu überzeugen, den Progressive-Freund dann aber nicht mehr loszulassen vermag.
Am deutlichsten in Richtung technoider Gefilde schielt schlussendlich Geist als gepflegter Dritter im Bunde, der sich allerdings ebenfalls nicht zu schade ist, die oder andere Disharmonie in seine Trackentwicklung einzuflechten. Anfangs liegt das Hauptaugenmerk dennoch erst einmal auf angenehm schaukelnd hereinschneienden Synthietönen, welche sich dezent von den überaus tief im Innern des Ganzen angesiedelten Basslineschüben emanzipieren können und alsbald zusammen mit kontrastreich arrangierten Toneinwürfen Hand in Hand gehen, dies jedoch stets mit der gewissen Portion Unterkühltheit sowie einer fast schon maßlosen Vorliebe für den distinguiert progressiven Fortlauf der Dinge vereinen. Beängstigende Flächenunterstützung in unterschiedlicher Intensität rundet das spannende Melodiegeschehen schließlich ab und lässt zusammen mit acid-inspirierten Effekteinsätzen im weiteren Verlauf immer öfter hörenswerte Reminiszenzen an die gute alte Detroiter Technoschule anklingen, ehe im Mittelteil die Flächenwand schlussendlich derartig anwächst und wieder in sich zusammenfällt, dass die bekannten Melodietöne im Anschluss leicht zerhackstückelt ihre zwielichtigen Kreise ziehen müssen und die düstere Machart der hiesigen Atmosphäre weiter unterstreichen. Auch die zweite große, flächige Anschwellaktion zeigt sich hinsichtlich der Beeinflussung des Stücks äußerst generös und ringt dem Ganzen sogar ein Kurzbreak ab, stellt die tragenden Elemente der Melodieebene jedoch im letzten Drittel zunächst weniger intensiv als zuvor vor dem Hörer ab, sodass sich stattdessen eine überaus dunkelheitsaffine, wenn nicht sogar aggressive Flächen-/Effektwand aus dem Hintergrund herausschälen kann. Dass die bekannten Tonfolgenfragmente sich dadurch wiederum angestachelt fühlen, ebenfalls noch ein letztes Mal einen gehörigen Zahn zuzulegen, versteht sich da fast schon selbst. Insgesamt gesehen ein schön kratzbürstiges Technokleinod, welches jedoch ohne seine progressiven, atmosphärischen sowie Detroiter Anleihen nicht so einfach mit überdurchschnittlichen 5/6 in Kontakt gekommen wäre.
Greetz,
:: der hammer ::