N'Abend zusammen!
Auch an den musikalischen Ausfransungen unserer prall gefüllten Tracksrubrik, dem von meiner Seite aus immer wieder gern beweihräucherten Tellerrand, sollte die Nachwuchsarbeit keinesfalls vernachlässigt werden, gibt es doch immer wieder exzellente Talente im wuseligen Untergrund melodiegeprägter elektronischer Musik zu entdecken. In diesem Zusammenhang möchte ich den Bogen heute einmal zum aufstrebenden Produzenten Arjuna Schiks spannen, welcher in seiner Heimat (ja genau, diesem ziemlich vollgestopften Küstenland mit zelebrierter Vorliebe für Frikandel, Vla und Wohnwagenurlaub) bereits einen etwas größeren Bekanntheitsgrad erreicht zu haben scheint als dies hierzulande bisher der Fall ist. Wenigstens im hiesigen Forum möchte ich diesen ungerechtfertigten Umstand nun allerdings schnellstens ändern, indem in den folgenden blumigen Zeilen das Hauptaugenmerk auf der aktuellen Waterkristallen EP (VÖ der Platte war Ende August) des gebürtigen Amsterdamers liegt, auf welcher der Gute sich in Form von drei angenehm genregrenzenbefreit auftretenden Tracks seinem Markenzeichen widmet: Progressive atmosphärische Klangstücke, mal nachdenklich gestimmt, mal in Richtung Tanzfläche schielend, jedoch stets in gelungen deeper Manier ausbalanciert und mit dem gewissen Etwas ausgestattet. Zusätzlich geadelt durch die Veröffentlichung auf Einmusika Recordings, dem Label des (fast) gleichnamigen deutschen Minimalkünstlers, kann ich allen Interessierten mit offenen Ohren daher nur wärmstens empfehlen, sich diese Trackzusammenstellung einmal gründlich zu Gemüte zu führen.
Denn schon mit dem Titeltrack Waterkristallen werden Geschütze aufgefahren, die den geneigten Atmospheric-Techno-Sympathisanten sicherlich alles andere als unberührt lassen dürften. Beginnend mit einem schön schunkelnden Groovebett aus minimalistischer Drummingattitüde gepaart mit flexibel durch den Untergrund stakkatierender Bassline machen sich schon nach wenigen Momenten Einwirkdauer die ersten vereinzelten Melodietöne bemerkbar, welche sich dem Hörer gegenüber zwar noch äußerst subtil zu verstehen geben, zusehends jedoch Verstärkung durch leicht mystisch agierende Arpeggios erhalten, unter deren Fittichen sie sich nun aber immer deutlicher in die Defensive gedrängt sehen. Der leicht anschwellende Charakter der Neuankömmlinge sowie ihr zunehmend flächiger gestalteter Nachhall verrichten da ihr Übriges, sodass der Hauptdarsteller im anstehenden Break nicht schwer zu erraten ist. Angereichert mit wunderbar klimpernd geratenen Begleittönen, vielseitigen Verwandlungen und Effektanbandlungen sowie sporadisch eingeworfenen Pianotupfern verdienen die Arpeggios sich diesen Status allerdings im weiteren Breakverlauf immer mehr und dürfen sich auf ihrem progressiv angewachsenen Höhepunkt dann aufgrund der heraufbeschworenen Vielseitigkeit auch endgültig als überaus gelungene Melodieebene bezeichnen, ehe die langsam aber sicher zurückmäandernde Bassline sich der geheimnisvollen sphärischen Natur annimmt und die Tonfolgen für die kommende Drummingphase erst einmal auf die stille Treppe verfrachtet. Der stattdessen regierende Minimalismus weiß jedoch kaum minder zu gefallen, begegnen dem gemeinen Hörer hier doch neben zunehmend aggressiver nach vorn zielenden Basslinewellen auch immer wieder eingeworfene, interessante Melodiesamples, welche in dezenter Manier Harfenklängen frönen und dabei einen spannenden Kontrast zum betont deep gehaltenen Untergrund evozieren. In den äußeren Gestaden des Tracks machen sich zudem die bekannten Arpeggios alsbald wieder bemerkbar, um im Folgenden in Zusammenarbeit mit bisher noch nicht vernommenen, wunderbar verträumten Melodie- und Flächenstücken die melodische Vorherrschaft in bravouröser Manier zurückzugewinnen. Auch das anschließende Kurzbreak zehrt von dieser Entwicklung, ehe nach dieser intensitätsreichen Phase das Drumming die Melodieebene in Richtung einer etwas reduzierteren Gangart zu bewegen versucht. Dies ist glücklicherweise nur teilweise von Erfolg gekrönt, tauchen doch bis (fast) zum Schlusspunkt des Tracks in progressiver Manier immer wieder spannende Fragmente der vielseitigen sphärischen Komponente auf, damit das Ganze nicht um seine verdienten 5,5/6 gebracht wird.
One More Day reicht dann zwar nicht ganz an die auf allen Ebenen vorzufindende Qualität seines Vorgängers heran, besitzt jedoch ebenfalls seine Momente, wenn es durch düstere Gefilde umherirrende Melodiekonstrukte als Speerspitze seiner sphärischen Ader offenbart. Bis dahin darf sich die Hörerschaft aber zunächst einmal mit der Entfaltung eines minimalistisch klickernden Drummings anfreunden, welches vor allen Dingen mit einem beruhigend tröpfelnden Bachlauf sowie einer Offbeat-Bassline auftrumpft, die im Gegensatz zu einem Großteil ihrer Brüder und Schwestern überraschenderweise angenehm abwechslungsreich auftritt und zudem von Zeit zu Zeit von druckvollen Subbässen unterstützt wird. Kaum hat sich der perfekt austarierte Untergrund einigermaßen etabliert, werden schon die ersten Ausflüge gen sphärischer Gefilde antizipiert, sodass alsbald nicht nur im Untergrund schimmernde Tonflächen, sondern auch eine dazugehörige, subtil angelegte Melodielinie Verantwortung übernimmt und das Ganze mit einem überzeugend düster angelegten Ambiente aus der Reserve zu locken weiß. Zusätzliche Flächenstücke, welche nicht minder dunkelheitsaffin, dafür aber deutlich schwelgender auftreten, komplettieren im weiteren Verlauf die hiesige Melodieebene und lassen das Ganze in seiner Intensität sogar kurzzeitig in Bereiche des Vorgängertracks vordringen, ehe die Herangehensweise im letzten Drittel wieder etwas subtiler gerät und die Melodieebene auf progressive Spielarten der deepen Tonfolge vom Beginn reduziert. Da jedoch immer noch sporadisch Andeutungen der gefährlich flächigen Pendants initiiert werden, besitzt die Spannungskurve auch auf der Zielgerade nur ein sehr geringes Gefälle und untermauert schlussendlich die Vergabe überdurchschnittlicher 5/6.
Ebenfalls genau meinen Geschmack trifft dann zum Abschluss My Cup Of Tea, welcher entgegen der Vorlieben seines Vorgängers seine melodischen Vorzüge in erheblich positiver konnotierten Grundstimmungen verortet. Schon zu Beginn tänzeln hierbei die ersten Fragmente einer aus entspannten Glöckchenklängen zusammengesetzten Tonfolge im Beisein eines techhousig anmutenden Untergrunds, ehe recht bald eine Art melancholische Quetschkommode kurzzeitig das Gelände stürmt und das Ganze schließlich mittels der unterhaltsamen Andeutung einer Spielkonsolenmelodie bereits nach einer Minute zu einem Kurzbreak überredet. Fokussiert auf bisher im Schatten der beschriebenen Melodieelemente stehendes Tongewimmel wird das Tempo des Ganzen dabei zwar kurzzeitig arg gedrosselt, mitsamt der zurückkehrenden Glöckchenklänge in harmonischer Eintracht sowie einer kontrastreich nach vorn drückenden Synthie-Bassline überholt der Track im Anschluss seine bisherige Intensität dann jedoch spielend und bewegt sich zusehends zielgerichteter auf das pittoreske Grenzgebiet zwischen Progressive House und Atmospheric Techno zu. In sphärischer Hinsicht zeigt sich das deutlich verdichtete Melodiegespann – auch die Quetschkommode und alternative Flächeneinschübe dürfen im weiteren Verlauf die überaus abwechslungsreiche Entwicklung der melodischen Komponente mitbestimmen – trotz der druckvollen Fortbewegungsart aber weiterhin unaufgeregt frühherbstlich sowie leicht wehmütig. Erst im Abgang eines zweiten Kurzbreaks muss sich der geneigte Hörer darauf einstellen, dass das Drumming wieder die Vorherrschaft gewinnt, die Melodiedichte heruntergefahren und mehr Wert auf die hervorragende Zurschaustellung perfekt zurechtgestutzter Fragmente gelegt wird, durch welche das Ganze endgültig die Zusage hochtrabender 5,5/6 erhält.
Greetz,
:: der hammer ::