N’Abend zusammen!
Einem Track schlichtweg den Titel ID zu verpassen trägt verständlicherweise nicht wirklich dazu bei, Wiederauffindbarkeit und Alleinstellungsmerkmale zu fördern – das russische Produzentenduo Alexej Monachow (dem geneigten Progressive-Freund aus dem früheren Umfeld von Markus Schulz bekannt) und Sergej Ljubarskij alias Monaque ist vor zwei Jahren dennoch dieses Wagnis eingegangen und mit dem so getauften Stück zunächst einmal munter an mir vorbeigerauscht. Erst mit einer Anfang Mai auf microCastle veröffentlichten Remix-EP ist mir aufgefallen, welch ein hervorragend eindringlicher Track aus dem Bereich düsterer Progtechno-Gefilde mir hier entgangen ist. Zudem entpuppen sich die zwei mitgelieferten Überarbeitungen der aufstrebenden spanischen Produzenten Luis Junior und Marc Marzenit als ebenbürtige Mitstreiter des Originals, sodass ich euch die hiesige Trackzusammenstellung keinesfalls vorenthalten möchte. MAZ ab!
Dass der Original Mix in Sachen Druckentfaltung nicht auf den Kopf gefallen ist, beweist dieser bereits von der ersten Sekunde an, wenn im Untergrund ein monoton nach vorn ausgerichtetes Basslinefragment in Begleitung einer surreal schimmernden Fläche sowie zunehmendem Radiorauschen sein mantra-artiges Groovepotenzial unter Beweis stellt und mit einer gelungen subtilen Anschwellaktion im ersten Kurzbreak die Trommelfelle der geneigten Hörerschaft zum Wallen bringt. Letzteres lässt sich auch in Kooperation mit dem peu à peu verdichteten Drumming beobachten, während parallel dazu einige Alternativtöne vom Sog der Basstöne infiltriert werden und eine weitere, klickernd angerichtete Melodielinie mit dem gesunden Hang zum Nachhall die mystische Atmosphäre des Ganzen weiter auszubauen imstande ist. Wenn im Folgenden dann noch mehr und mehr zusätzliche Flächenstücke sowie eine spannend fragmentierte Alternativtonfolge auf den Plan treten und mit ihrer deutlich optimistischer geprägten Stimmungslage die bekannten Melodieelemente konterkarieren, sind der sphärischen Intensitätssteigerung schließlich Tür und Tor geöffnet, sodass man kaum bemerkt, dass der Track sich zwischenzeitlich klammheimlich in ein Quasi-Break gewandet hat. Die markante Bassline lässt sich allerdings glücklicherweise auch in dieser Phase keineswegs abschütteln und untergroovt die Melodieebene gekonnt, ehe im Anschluss der komplette Untergrund zurückkehrt und eine kurze drummingorientierte Phase einleitet. In Form der fragmentiert sprudelnden Melodiestücke lässt sich die sphärische Ader des Ganzen aber nicht lang bitten, gekonnt auf dem druckvollen Drumming zu tänzeln und lotst den Track für meinen Geschmack äußerst souverän zu verdienten 5,5/6.
Der Luis Junior Remix geht seine Sache im direkten Vergleich dann weitaus deeper an und dehnt das Thema sogleich auf eine Spieldauer von knapp 11 Minuten aus. Leider ist die hiesige Überarbeitung trotz dieses Zeitbonus nicht in der Lage, das Spannungsniveau konstant hochzuhalten, sondern verliert sich meines Erachtens immer wieder in Phasen, in denen sie um sich selbst kreist und zu wenig Bewegungsanzeichen offenbart. Geerdet auf einem knisternden Flächenbeet mit sporadisch im Hintergrund eingestreuten Telefonfreizeichen als Tonflächen ist das zurückhaltende Drumming zunächst damit beschäftigt, die Gunst einer schön unaufgeregt groovenden Bassline zu gewinnen, bevor sich das Ganze nach dieser getanen Arbeit erst einmal offensichtlich auf seinen „Lorbeeren“ ausruht und nur zwischendurch kurz aufschaut, um auch die Originalbasstöne im Dunstkreis des Remixes willkommen zu heißen. Erst mit der Implementierung zaghafter Fragmente der bekannten sprudelnden Melodielinie setzt sich der Track endlich mit der Möglichkeit einer sphärischen Komponente auseinander und beginnt damit, Raum und Zeit mit einer überaus subtilen Mystik zu versehen, die im Vergleich zum Original jedoch deutlich verstörender zu Tage tritt. Im Hintergrund sorgen derweil Besenwischer-Effekte für die Verstärkung der groovenden Note, ehe sich in einem anstehenden Break die Basslinien durch den Fleischwolf drehen lassen und eine brodelnde Masse hinterlassen, auf der die düster schimmernden Toneffekte noch etwas gehaltvoller von ihrer sphärischen Intention künden können. Selbige Entwicklung wiederholt sich dann auch in Zusammenarbeit mit dem restlichen Drumming noch einmal in Superzeitlupe, das anschließende Zurückdrängen der Melodieebene nutzen dann aber stattdessen bedrohliche Effekteinwürfe, die jedoch nicht wirklich imstande sind, das Stück der nun mehr und mehr vorherrschenden Monotoniefalle zu entlocken. Die restlichen vier Minuten hätten dann getrost in einem Viertel dieser Zeit zusammengefasst werden können, passiert doch neben einer subtilen Annäherung der Originalbassline an ihr Groove-Pendant sowie einem betont unwirklich effektiert gehaltenen Outro nicht allzu viel. Summa summarum sollte es trotz der beschriebenen Abzüge aber für mehr als solide 4,75/6 sicherlich reichen.
Wesentlich ausgereifter wirkt für mich dagegen der Marc Marzenit Remix, welcher nicht nur die Energie des Originals mit eigenen Mitteln noch einmal leicht steigern kann, sondern auch hinsichtlich sphärischer Dichte in meinen Ohren das vielseitigste Stück der EP darzustellen vermag. Zu Beginn darf zwar zunächst wieder die (in Watte gepackte) Originalbassline in einem Intro bewundert werden, wird der Kickdrum dann Leben eingehaucht, taucht jedoch sogleich eine überaus charakteristische Alternativtonfolge auf, welche in ihren geheimnisvollen Klangfarben nicht lange nach der Aufmerksamkeit der gemeinen Hörerschaft suchen muss. Während der Untergrund nun zunehmend detailverliebter ausstaffiert wird und mit einer überaus finster agierenden Subbasswand ergänzt gleichzeitig anschiebend und grooveaffin agiert, erarbeiten sich die Melodieeinwürfe langsam aber sicher eine Vormachtstellung oberhalb des Drummings, mit welcher sie alsbald das Privileg genießen können, zusätzliche Flächenschichten zur sphärischen Verdichtung des Ganzen zu ordern und von der FDP liefern (neue Lieblingsbeschäftigung dieser Splitterpartei) zu lassen. Angereichert mit allerhand perkussiver Begleitung spielt sich das Ganze dabei in einen eigenartigen, aber vereinnahmenden Rausch, welcher auch im Zusammenhang mit interessanten Akkordwechseln keine Skrupel kennt und Abwechslungsreichtum somit stets groß schreibt. Alternative Instrumentierungen, zusätzliche Arpeggios, Sägezähne und singende Flächenwogen sind da nur noch die Spitze des Eisbergs und lassen die atmosphärische Intensität im weiteren Verlauf langsam aber sicher in Gefilde klettern, für die jeder herkömmliche Tranceproduzent sein Leben aufs Spiel setzen würde. Dass auch das anstehende Break hinsichtlich dieser Entwicklung seine Hausaufgaben gemacht hat und desweiteren zeigt, wie eine gelungene Sägezahn-Anschwellaktion mit der nötigen Portion Erhabenheit aufs Parkett gelegt wird, passt ins Bild – ebenso wie das nicht minder überzeugende letzte Drittel, in dem die vielschichtige Melodieebene auf dem markanten Drumming mit der in Watte gepackten Originalbassline noch einmal alle Register zieht und die 5,75/6 schon von weitem am Horizont erkennt.
Greetz,
:: der hammer ::