Aril Brikha "Forever frost EP"

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  • N’Abend zusammen!

    Kleiner Gegenpol zum ausufernden Aprilsommer gefällig? Für alle Freunde von atmosphärisch geprägtem Techno Detroiter Schule dürfte Aril Brikha mit seiner in dieser Woche veröffentlichten, neuen Scheibe – dem ersten frischen Material seit seinem großartigen Remix für "The Less You Have To Carry" von Tiger Lou im Jahre 2008, einer gefühlten Ewigkeit also - sicherlich mehr als in Schwarze treffen. Die drei überaus gelungene Stücke umfassende Forever Frost EP wirft schließlich mit melancholisch bis düsteren Melodiebögen nur so um sich und stellt definitiv die Weiterführung der für meinen Geschmack herausragenden „Winter EP“ von 2007 dar, mit welcher der Stockholmer Produzent mit iranischen Wurzeln mir (zusammen mit dem darauffolgend erschienenen Album Ex Machina) zum ersten Mal mit seiner überaus beseelt und behutsam klassisch gehaltenen Interpretation von Detroit Techno imponieren konnte. Entsprechend euphorisch gestalteten sich meine Gesichtszüge, als ich letzte Woche entdeckte, dass der Gute auf seinem Label Art Of Vengeance (benannt nach seiner Debüt-EP) nun endlich ein neues Lebenszeichen unter das gemeine Volk wirft - dafür nehme ich auch gerne eine musikalische Frostpartie im April in Kauf… ;)

    Mit dem Titelstück Forever Frost nimmt Aril Brikha auf jeden Fall sogleich dermaßen Fahrt auf, dass man glauben könnte, er sei nie für einige Zeit aus dem Blickfeld der elektronischen Musikszene verschwunden gewesen, und setzt dem geneigten Hörer fast von Beginn an ein wunderbar groovend geratenes Drumming als Festschmaus vor. Dass selbiger zudem mit einer Extraportion an subtilen Melodiefragmenten und -spielereien serviert wird, sollte jedoch keinesfalls unerwähnt bleiben, ist der Track doch somit schon in der Frühphase seines Schaffens in der Lage, eine herrlich melancholisch anmutende Atmosphärenschicht mit dem druckvollen Untergrund zu vereinen. Leuchtturmartiges Melodieblitzen paart sich hierbei in unnachahmlicher Weise mit einer stakkatiert sowie gelegentlich verschmitzt-knarzig ausbrechenden Bassline, sodass sich das Stück in bester progressiver Manier im weiteren Verlauf peu à peu zu weiteren dezenten Intensitätssteigerungen verhilft, wobei sich hier vor allen Dingen die lasziv auf der Bassline drehenden Alternativtöne hervortun. Unterbrochen von einigen Verschnaufpausen, in denen entweder der wunderbar rollenden Bassline gehuldigt wird oder die Melodietöne vom Beginn ihre leicht verträumte Ader in Solomanier atmosphärisch wertvoll verbreiten dürfen, weiß sich das Ganze jedoch stets wieder gelungen zu verdichten, wenn der Untergrund sanft in Richtung knarziger Gefilde gestupst wird und die lasziven Alternativtöne sogleich ihr Stelldichein fordern. Mit jeder weiteren subtilen Anschwellaktion erarbeitet sich das Stück dabei mehr Hypnosepotenzial, ehe in einem Break schließlich doch noch kurzzeitig einige Gänge heruntergeschaltet werden. Dies geht einher mit einem interessanten Instrumentierungswechsel der Melodieebene, welche nun noch eine Portion geheimnisvoller zu agieren scheint, bevor die aus den Untiefen des Tracks heranschleichende Bassline die Melodieelemente wieder deutlich offensiver zu gestalten weiß. Eine letzte gelungene Anschwellaktion in Kooperation mit dem nicht müde werdenden Untergrund rundet das Ganze im Folgenden schlussendlich formidabel ab, sodass der Höchstwertung in meinen Ohren nichts mehr im Wege steht: einmal die 6/6 bitte, aber ohne Pauken und Trompeten! :D

    Mit der Tundra beliefert uns Aril Brikha im Anschluss mit einer Hommage an eine Landschaft, die in ihrer Weite und kargen Schönheit eine visuelle Verbindung zu seinen bevorzugten Klangwelten darzustellen vermag, mal ganz abgesehen von den dort vorherrschenden Permafrostböden. Das musikalische Ergebnis charakterisiert auf jeden Fall ein ähnlich druckvoll gestalteter Untergrund, in welchem sich eine Bassline in feinsinnigen Waberbewegungen in spannender Manier immer wieder nach oben schraubt und anschließend herabstürzt, dabei jedoch keinesfalls als Sisyphosarbeit abgestempelt werden sollte, bildet jene zusammen mit stakkatierten Subbässen doch eine herausragend repetitiv gestaltete Basis für die alsbald heraufbeschwörten Melodiefragmente. Selbige setzen sich zusammen aus heimatlos irrlichternden Tonkaskaden sowie einer gemütlich auf der Bassline stolzierenden Melodielinie und können sich insbesondere während der immer wieder inszenierten, dezenten Anschwellaktionen des Untergrunds gekonnt atmosphärisch platzieren, wenn ihnen der große Wurf wie im Vorgänger insgesamt auch verwehrt bleibt. Ein anstehendes Kurzbreak nutzen die Melodieelemente dennoch, um spannend fragmentiert durch die borealen Nadelwälder der Tundra zu streifen, ehe im Anschluss die Drumming-Falle schnell wieder zuschlägt und diese für einige Momente in zartbesaitete Flächenstücke verwandelt, ehe aus dem Hintergrund heraus die altbekannten Instrumentierungen langsam aber sicher erneut an Land gewinnen und das sphärische letzte Drittel einläuten. An Abwechslung mangelt es dem hiesigen Track somit keineswegs, nur in Sachen zwingend gehaltener Umsetzung fehlt dem Ganzen etwas – verdienten 5,25/6 im Abgang tut dies allerdings keinen Abbruch… :yes:

    Ins ewige Gletschereis (inklusive musikalischer Liebeserklärung!?) entführt uns schließlich Glaciar / For Minou, welches konsequenterweise zwar den unaufgeregtesten Part der hiesigen EP darstellt, von Beginn an jedoch mit allerhand Ton- und Effektfragmenten hantiert und diese in düsterer, teilweise hallverliebter Umgebung in leicht verstörende Auferstehungsgeschichten verwickelt. Minimal arrangiert, aber mit dem Maximum an mystischer Stimmung gesegnet schlägt sich das Ganze durch verwegene Ecken der elektronischen Musik, ehe endlich ein stakkatiert auftrumpfendes Basslinefragment etwas mehr Struktur in die ganze Geschichte zu transportieren vermag. Die atmosphärisch dunkelheitsaffine Trackgestaltung lässt sich dadurch allerdings keinesfalls zurückdrängen, erst durch die Initiative einiger deephousig entspannter Flächenstücke ist die hiesige Melodieebene in der Lage, die vorherrschende Düsternis mehr und mehr mit einem Wärmepol zu kontrastieren, welcher im weiteren Verlauf ganz unauffällig die sphärische Hoheit an sich reißt und die verzwickten Elemente vom Beginn als brodelnde Kraft in den Untergrund versetzt. Dass diese sich nach wie vor als eine gefährlich züngelnde Trackschicht präsentiert, lässt sich besonders gut an den immer mal wieder an die Oberfläche hervorschnellenden Tonfragmenten erkennen, durch welche das Ganze zumindest nicht in seiner zweiten Hälfte nicht allzu sehr in Lethargie verfällt. Alles in allem sicherlich keine Detroiter Offenbarung, für überdurchschnittliche 4,75/6 sollte es meines Erachtens aber allemal reichen. :)


    Greetz,
    :: der hammer ::