James Zabiela "Blame"

Track Rating
5.3 / 6
(3 Bewertungen)
  • N’Abend zusammen!

    Mit seiner insgesamt neunundneunzigsten (in Zahlen: 99) Veröffentlichung steht das renommierte Label Hope Recordings zwar mittlerweile vor einem ziemlich runden Geburtstag, welcher übrigens alsbald standesgemäß mit einer neuen Platte von niemand Geringerem als Chefkurator Nick Warren persönlich begangen werden wird, doch bereits der just erschienene Vorreiter dieses Jubiläums sollte für meinen Geschmack keineswegs nur als Appetithappen abgestempelt werden. Schließlich hat man sich dort mit dem Briten James Zabiela einen überaus begnadeten Produzenten aus der weiten Welt progressiver elektronischer Musik ins Boot geholt und diesem zudem noch die Herren Robert Babicz und Tom Budden als Remixer an die Seite gestellt, sodass dem gemeinen Hörer einmal der Luxus gegönnt wird, schon vor dem allerersten Lebenszeichen von Blame entspannt zurückgelehnt die Kenntnis zu erlangen, dass mit solch einer Kombination nichts, aber auch wirklich gar nichts schiefgehen kann. Es sei denn, die fünfzehnte, ebenfalls von Zabiela zusammengestellte Ausgabe der Renaissance Masters Series (R.I.P., wir werden sie nach der Insolvenz des Labels im vergangenen Herbst schmerzlich vermissen!) befindet sich im hauseigenen CD-Regal, denn dort bestand der Track schließlich furios seine Feuertaufe… ;)

    Die Spielfreude ist dem Original Mix auf jeden Fall von Beginn an in die Visage tätowiert, posiert selbiger doch als äußerst umtriebiger Zwitter aus Breakbeats und Progressive House auf dem Basar melodiebeseelter Klanggefilde, welcher seinen Facettenreichtum mit jedem neuen Hördurchlauf etwas nachhaltiger aufzustellen weiß und somit auch in die sagenumrankte Kategorie der Grower eingestuft werden könnte. Der Einstieg in das Stück über ein gelooptes Vocalfragment gerät dann auch sogleich leicht verstrahlt, ehe sich im Untergrund die ersten Breakbeatandeutungen festsetzen und in Kooperation mit einigen vagen Flächenassoziationen in Richtung eines ersten Kurzbreaks deuten, in welchem in herrlich kontrastreicher Manier tiefergelegte Knarzbassattacken auf ein helles Melodieornament losgelassen werden. In Kooperation mit dem gebrochenen Rhythmus im Untergrund setzen sich im Folgenden zwar wesentlich subtiler agierende Subbässe durch, entpuppen sich jedoch recht schnell als passende Groove-Begleitung der nun immer gefestigter auftretenden Melodiefolge, welche insbesondere in einigen immer wieder eingeworfenen Alternativtönen, deren Instrumentierung zuweilen sogar von jener imitiert wird, sowie dezent schwebenden Flächenstücken ihre unterstützenden Kompagnons findet. Die Knarzbässe werden schließlich im weiteren Verlauf nicht locker lassen, immer mal wieder das Regiment des Tracks an sich zu reißen – so geschehen beispielweise im nächsten Kurzbreak, an dessen Anschluss sich das Ganze zudem dazu entscheidet, sein Beatgerüst nun erst einmal geradlinig weiterzuführen. Vor allen Dingen das vorhandene Druckpotenzial weiß diese Entwicklung zu schätzen, während auf den vorderen Plätzen das progressive Zusammenspiel der Melodieelemente weiter seine Kreise zieht und alsbald in atmosphärischer Hinsicht von minimalistischen Effekten, Vocalflächen sowie einer repetitiven Begleitmelodie verstärkt wird, ehe aufkommende Knarzbasseinwürfe ein weiteres Kurzbreak einläuten, in welchem eine bisher noch nicht auf den Plan getretene Melodielinie initiiert wird und im Anschluss in Kooperation mit den erneut forcierten Breakbeats in mystische Wallung gerät. Allerhand Variationen dieser Tonfolge prägen dann den weiteren Verlauf, sodass die sphärische Dichte auch in die erneute Zusammenarbeit mit dem geradlinigen Drumming hinübergetragen werden kann und mit den restlichen Melodieelementen ein nie langweilig werdendes Klangszenario auffährt. Dem ein oder anderen mögen die vielen kleinen Breaks und Tempowechsel sicherlich in die Parade fahren, ich für meinen Teil genieße jedoch gern solch eine wunderbar ausufernde Kreativität und möchte daher summa summarum nicht weniger als 5,75/6 für dieses wieder einmal hervorragende Zabiela-Stück aus zehn epischen Minuten verteilen. :yes:

    Noch eine weitere zusätzliche Minute wird dem Thema anschließend im Robert Babicz Remix gegönnt, welcher sich sodann auch das Privileg zugesteht, der geneigten Hörerschaft erst nach knapp zwei Minuten Intro-Reise die ersten Beats auf dem Silbertablett zu servieren. Zuvor gehört das Hauptaugenmerk ganz klar den Melodiefäden und Vocalanleihen aus dem Original, welche in fragmentierter Form einigen deephousigen Flächen überaus subtiler Bauart begegnen und ein ambientes Katz-und-Maus-Spiel aufs Parkett legen, welches auch von den bekannten, sporadisch eingesetzten Knarzbasseinwürfen nicht aus der Ruhe gebracht werden kann. Erst das zunehmende Minimalgeknister sowie der immer dichter geratende Einsatz der Originalmelodieelemente beschwört schließlich einige in Watte gewandete Breakbeats herbei, aus welchen sich nun peu à peu ein geradliniger Untergrund herauskristallisiert, der sich zunächst einmal von der großen Melodiegeste befreit und stattdessen in groovender Manier - besonders gestärkt durch eine deutlich dezenter knarzend angelegte Bassline - auf die deephousigen Flächen baut. Im weiteren Verlauf erhöht sich jedoch auch in dieser Umgebung wieder die Einsatzzeit der Melodiefragmente aus dem Original, sodass sich erneut ein kontrastreiches Zusammenspiel aus leicht mystisch agierender Melodieebene und grummelnd nach vorn ausgerichtetem Untergrund einstellt, wobei sich die hiesige Überarbeitung zudem eine gute Portion mehr Druck auf die Fahnen geschrieben hat und die Bassline langsam aber sicher immer prägnanter auftreten lässt. Die durch Raum und Zeit schwirrenden Tonfolgenanleihen lassen sich davon allerdings glücklicherweise nicht wirklich beeindrucken, sondern tragen mit ihrer unaufgeregten Ader nicht unerheblich dazu bei, dass das Ganze mehr und mehr in Richtung hypnotischer Gefilde schielt, ohne dabei seine progressiven oder atmosphärischen Stärken aufs Spiel zu setzen. Denn auch wenn sich repetitive Vocalfragmente in das Gesamtbild einschleichen und ein Quasi-Break dem Ganzen kurzzeitig etwas Wind aus den Segeln zu nehmen versucht, die hiesige groovende Prärie wähnt sich schier unaufhaltsam – erst der subtile Rückbau des Stücks ist in destruktiver Hinsicht erfolgreich und lässt dieses in einem mehr als gelungenen Outro mit 5,5/6 im Schlepptau im Morgengrauen entrückt entschwinden. :D

    Tom Budden’s Alive Remix dagegen kann die Qualität seiner Vorgänger für meinen Geschmack leider in keinem Moment erreichen, konzentriert sich diese Überarbeitung doch viel zu sehr darauf, ihre hochfliegenden Sympathien für groovende Techhouse-Tracks auf Teufel komm raus in die Weltgeschichte zu posaunen. Dadurch entfernt sich das Ganze zwar am weitesten vom Original (für einen Remix keinesfalls per se als Nachteil zu werten), wenn letzteres allerdings wie im hiesigen Falle bereits einen Knaller vor dem Herrn darstellte, erwarte ich als Remixarbeit aber zumindest nicht ein solch halbgares Mittelmaß-Geschunkele, welches mich theoretisch hinter jedem zweiten Beatport-Link erwartet. Interessante Vocalspielereien sowie ein schön groovend angelegter Untergrund in Kooperation mit einem sirrenden Hintergrundton und einem ständig eingeworfenen Glitscheffekt können in meinen Ohren sicherlich zu einer soliden Basis für einen techhousig inspirierten Track gezählt werden, stellen hier jedoch schon fast das Ende der Fahnenstange dar, denn ein äußerst dezent eingesetzter Ton als einziges Überbleibsel der Originalmelodiefolgen kann die magere Ausbeute in Sachen progressiver, atmosphärischer und spannungsgeladener Kriterien nun wahrlich nicht wettmachen. Da auch in der zweiten Hälfte auf überraschende Wendungen verzichtet wird und stattdessen ein lahmes Duell zwischen Vocalspielereien und Effektschwaden angezettelt wird, komme ich insgesamt gesehen nicht an der Vergabe müde dreinschauender 2,5/6 vorbei. :no:


    Greetz,
    :: der hammer ::

  • So, habe nun auch mal endlich in das Release reingehört. James Zabiela veröffentlicht zwar nicht sonderlich oft eigene Singles, aber wenn, dann sind das aber in der Regel auch richtige Knaller. Hier schaut’s nicht anders aus. Auch wenn alle Versionen ihren Reiz haben, macht’s für mich letztendlich dann aber der Robert Babicz Remix. Göttliches Teil! Das Original gefällt mir fast genauso gut und beweist wieder einmal, dass James Zabiela nicht nur als DJ ordentlich was taugt. Ebenfalls ein absoluter Knaller! Tom Budden’s Alive Remix kommt zwar in punkto Atmosphäre an die anderen beiden Versionen nicht ran, stellt aber mehr als soliden Clubsound dar. Nettes Ding. Alles in allem ein derbes Release was definitiv gekauft wird! :huebbel: