N’Abend zusammen!
Experimentelle Electronicaklänge, druckvolle Technoanleihen und in guter Regelmäßigkeit alles andere als ängstlich im Umgang mit Melodien – beim britischen Produzenten Phil Kieran haben es wir mit einem Künstler zu tun, welcher in meinen Ohren geradezu prädestiniert erscheint für einen langwährenden Einzug in den Tellerrandbereich der hiesigen Tracksrubrik. Auch Qualitätslabels wie Cocoon, Soma, Yoshitoshi oder Tronic sind in den letzten Jahren immer mal wieder auf den vielseitig talentierten Herrn von der Insel aufmerksam geworden, wobei auf ersterem im Jahr 2009 sogar ein zu Unrecht in der Vielzahl an Veröffentlichungen untergegangenes Album („Shh“) das Licht der Welt erblickte. Um seiner überbordenden Kreativität noch mehr Raum zum Entfalten zu gönnen kann sich der Gute zudem seit kurzer Zeit nun als seinen eigenen Chef bezeichnen, schließlich dürfte Phil Kieran Recordings als wenig missverständlicher Name seines neuen Labels auch dem größten Brett-vor-dem-Kopf-Träger deutlich vor Augen führen, wie die Marschroute der verfolgten Veröffentlichungsstrategie aussah, aussieht und aussehen wird. Ans Herz legen möchte ich euch heute in diesem Zusammenhang die jüngst erschienene zweite Veröffentlichung, welche auf den frankophonen Titel Le Carrousel hört und eure Gehörgänge geschmeidig verführen möchte.
Für den Original Mix existiert im Netz zur Zeit zwar nur eine zweieinhalbminütige Hörprobe, selbige verdeutlicht jedoch im sprichwörtlichen Handumdrehen, mit welch einer atmosphärischen Wärme dieses Stück ausgestattet ist. Die Gier des geneigten Hörers nach sphärischer Ausdrucksstärke wird hier auf jeden Fall auf Rosen gebettet, wenn aus allen Himmelsrichtungen Synthie-Tonfolgen heranströmen, welche sich in Form von Arpeggios, Flächenstücken sowie eines subtilen Hintergrundsirrens in einer überaus vielseitig gestalteten Melodieebene manifestieren. Angesiedelt irgendwo im Hexenkessel zwischen Melancholie und Leichtigkeit mag das Gesamtpaket zwar sicherlich für den ein oder anderen die gewisse Portion Dringlichkeit vermissen, da auch das Drumming sich im hiesigen Track stets recht bedeckt hält und vielmehr im Innern eines großen Wattebauschs seine Arbeit vollführt, mit Belanglosigkeit sollte diese Charakterisierung jedoch mitnichten verwechselt werden. Schließlich besitzt das Ganze vielmehr eindeutige Verweise auf die Anfänge elektronischer Musik und lässt sich wohl am ehesten als Hommage an Jean-Michel Jarre oder Kraftwerk beschreiben, welche mit einer ähnlich extraterrestrisch anmutenden Melodieverspultheit auftrumpfen können. Selbige riecht auch hier unverkennbar nach Herzblut, sodass die dazugehörige Retro-Electronica-Mischung sich – unter Vorbehalt (aufgrund der Unvollständigkeit der Hörprobe) – schon einmal auf stimmige 5,25/6 freuen darf.
Zur Feier des Tages gibt es zudem noch einen Egbert Remix als Sahnestück obendrauf, wobei der aufstrebende niederländische Produzent Egbert van der Gugten alles andere als einen Unbekannten im Kieran-Umfeld darstellt, hat sich der Gute doch bereits mit einem exzellenten Remix von Never Ending Mountains empfohlen. Doch auch hier weiß der Kaaskop das melodieverliebte Original unnachahmlich zu veredeln, indem er die dortige atmosphärische Tiefe etwas reduzierter aufstellt, dafür jedoch das Drumming von seiner stillen Treppe holt und dem ganzen Thema somit deutlich mehr Druck nach vorn verleiht. Davon können bereits die ersten Augenblicke der Überarbeitung ein Lied singen, wird die gemeine Hörerschaft hier doch von einem minimalistisch geprägten Untergrund voller vieler kleiner Raffinessen abgeholt und in stetiger Manier mit klickernden Leckerlis bei Laune gehalten, ehe im äußersten Hintergrund alsbald die ersten vagen Andeutungen einer Tonfläche ausgemacht werden können, das Hauptaugenmerk jedoch erst einmal auf der Initiierung weiterer repetitiver Effekt- und Klangfetzen gelegt wird. Auch im folgenden Kurzbreak setzt sich dieses Schauspiel weiter fort, wobei die knisternde Atmosphäre mit Hilfe einer im Anschluss dazugekommenen, düster schiebenden Basslinewand weiter verstärkt wird und dabei einen mehr als gelungenen Vorlauf für die schleichende Integration der Originalmelodielinien bildet. Als Vorreiter fungiert in dieser Hinsicht das bekannte Hintergrundsirren, welches zunächst noch recht zaghaft die sphärische Ader des Tracks auf seine Fahnen schreibt, im weiteren Verlauf in Kooperation mit offensiver angelegten Alternativflächen allerdings mehr und mehr Sicherheit gewinnt, von welcher auch die schwurbelnd durch den Fleischwolf gedrehten Arpeggios profitieren können und in wunderbar schwebender Manier nun immer mal wieder die melodische Führerschaft übernehmen. Erst der Einsatz ätherischer Vocalflächen kann den Siegeszug der Melodiefolgen wieder etwas eindämmen, ehe nach diesem Intermezzo schlussendlich auch die Arpeggios in Originalbesetzung für einige wenige Momente vorbeischauen und die atmosphärische Gediegenheit zusammen mit den restlichen Melodieelementen auf der Zielgeraden ansprechend unterstützen dürfen. Geraten letztere dann allmählich wieder ins Hintertreffen, ist der Rückbau zwar zum Greifen nah, unter leicht euphorisch beeinflussten 5,5/6 prangt jedoch schon längst meine Unterschrift…
Der Vollständigkeit halber sei hier auch noch der Wesley Matsell Remix erwähnt, welcher es für meinen Geschmack allerdings mit seiner Verspultheit etwas übertreibt, drummingtechnisch anscheinend nicht allzu viel geplant hat, um es mal vorsichtig zu formulieren, und somit auf mich eher wie eine Ambient-Skizze wirkt.
Greetz,
:: der hammer ::