N’Abend zusammen!
Im Mittelpunkt meiner heutigen Rezension findet sich mal wieder eine dem Gefühl der derzeitigen Jahreszeit bestens entsprechende Veröffentlichung, welche ich für euch aus der Sturmflut an Neuerscheinungen herausgefiltert und nun wärmstens an Herz legen möchte. Verantwortlich dafür zeigt sich niemand Geringeres als der russische Produzent Aleksandr Sergejewitsch Browkin alias Ormatie, welcher mit seinen sporadisch unters Volk geworfenen EPs nicht nur das Prinzip „Qualität statt Quantität“ in überaus deutlicher Manier für seine Stücke manifestiert hat, sondern diese auch stets als äußerst sphärisch gehaltene Klanggemälde irgendwo zwischen progressiven, minimalen und trancigen Gefilden anlegt und damit nicht nur meine Wenigkeit seit einigen Jahren beständig jubeln lässt, wenn wieder einmal eine frische Trackzusammenstellung ansteht. Auf Proton Music gibt es mit der Mon Étoile EP seit Ende September nun ein neues Kapitel dieser mit Liebe zum Detail arrangierten Kopfhörermusik zu bestaunen, die hier in Gänze bereits sehnlichst darauf wartet, eure Gehörgänge in einen reinen Schwebezustand zu versetzen.
Mon Étoile (frz. für „mein Stern“) als Titeltrack geht den musikalischen Weg der hiesigen EP insgesamt gesehen mit der für meinen Geschmack nachhaltigsten Intensität an, wobei ein kurzes Intro voller sehnsuchtsvoll-flächiger Melodieversatzstücke schon sphärische Begehrlichkeiten weckt, welche im Anschluss bei der Vorstellung des Drummings aber erst einmal noch zurückgesteckt werden müssen. Dafür hat es Letzteres in sich und präsentiert sich in einem minimalistisch agierenden Zusammenhang, in welchem die Klickereffekte auf den Punkt genau austariert sind und ein monotones Basslinefragment alsbald die ersten zaghaften Stakkatomelodietöne heraufbeschwört, ehe im Hintergrund auch die bekannten Flächen aus dem Intro erneut immer präsenter an das verspulte Drumming heranwehen. Dieser Zustand hält jedoch nicht allzu lang an, da das Ganze sich in der nächsten Phase wieder langsam zurückbaut, um dem Hörer in einem anschließenden Break schließlich ein wunderbar melancholisches Alternativmelodiestück zu kredenzen, welches auch mit den stakkatierten Minimaltönen sowie dem monotonen Basslinefragment hervorragend zu kooperieren weiß. Eine dezente Anschwellaktion durch flächige Verdichtung der Melodieebene kündigt dann die Rückkehr des klickernden Untergrunds an, hinter welchem sich die sphärische Ausgestaltung zwar zunächst hinten anstellen muss, dennoch in Person der wellenartig verstärkten Flächenmelodie aus dem Intro weiterhin vertreten ist, bevor sich auch die restlichen Melodieelemente langsam aber stetig ihren Platz zurückerobern und den Track nun zum Höhepunkt seines herbstlichen Hörgenusses leiten. Perfekt abgerundet wird dieser mit Hilfe einer Vielzahl an unterschiedlichen Zusammensetzungen und Intensitätsstufen der benutzten Melodiestücke, welche auch beim x-ten Hördurchgang nichts von ihrer einnehmenden Wirkung einbüßen werden. Bevor imho euphorisch beeinflusste 6/6 den Besitzer wechseln, steht auf den letzten Metern dann aber noch ein letztes Mal das herrlich klickernde Drumming im Vordergrund.
Nicht ganz in dieser Liga mithalten kann dann At A Thought, wenngleich hier recht ähnliche Zutaten für den Track zusammengerührt wurden. Zunächst blufft dabei ein verspieltes Intro, welches tänzelnde Melodiefragmente mit einigen exotisch wirkenden Toneinwürfen vermischt und dabei nicht nur ein innovatives Klangkonzept offenbart, sondern der geneigten Hörerschaft auch die gewisse Portion Groove in diesem Zusammenhang auftischt. Alsbald zudem noch von einigen trancig nach vorn stapfenden Stakkatotönen, tröpfelnden Melodiekonstrukten sowie einer zurückhaltenden Kickdrum verdichtet gibt sich das Ganze sphärisch recht unentschlossen, holt dies aber mit einem plötzlichen Bruch mit der Melodieebene in der bisherigen Form im weiteren Verlauf nach, wenn das nun angenehm klickernd erweiterte Drumming von pessimistisch gestimmter Flächenarbeit im Hintergrund unterstützt wird, wobei die im Folgenden wieder vermehrt herbeigerufenen Klimpermelodiefragmente in Stakkatoform als überzeugende Staffage der immer stärker auf den Plan tretenden Tonflächen eine passable neue Beschäftigung für sich gefunden haben. Nachdem Letztere im Mittelteil eine gelungene Anschwellaktion vollzogen haben, darf sich der bunte Strauß tröpfelnder Melodieanleihen zudem sogar kurzzeitig wieder als Hauptdarsteller des Stücks fühlen – die sphärischen Tonflächen schauen dabei jedoch nicht allzu lang tatenlos zu und drücken die Melodieschnipsel mitsamt ihrer leicht beschwipsten Aura schnell wieder zum Nebendarsteller, ehe sie sich zu einer weiteren anschwellenden Entwicklung entscheiden. Dennoch reißen im letzten Drittel erneut die verspielten Klimpermelodieelemente das Regiment an sich, lassen sich von alternativen Flächen begleiten und in herrlich schwebender Manier in ein Fast-Outro entführen, wären da nicht die letzten Momente des Tracks, welche noch einmal von der dezenten Kickdrum angeführt werden. Insgesamt gesehen zeigt sich der gute Ormatie mit diesem Stück auf jeden Fall eine gute Portion experimenteller, kann sich aber trotz einiger kruder Passagen auf meines Erachtens verdiente 5,25/6 freuen.
I Am Nowhere About als Dritter im Bunde stellt dann den im internen Vergleich druckvollsten Track dar, falls man dies im Zusammenhang mit den sphärischen Klangwelten von Ormatie überhaupt so formulieren darf. Den Anfang machen hier dennoch einige geschmeidig schwebende Flächenanleihen, welche auf einem minimalistischen Untergrund mitsamt charakteristischerem Basslinefragment sowie knisternder Klickereffekte für die Entfaltung einer wunderbar melancholisch-verträumte Wärme sorgen und alsbald von weiteren harmonischen Flächenstücken begleitet werden. Erst ein sich im Folgenden überaus subtil anbahnendes Kurzbreak ist in der Lage, mit einem interessant wippenden Tonfolgenfragment aus dem Dunstkreis von Walgesängen den bisherigen Melodieelementen eine Erhöhung ihres Intensitätsgrads schmackhaft zu machen, damit diese sich vor der Rückkehr des Untergrunds ordentlich verausgaben können. Dieser Plan scheint auch zunächst aufzugehen, wenn ein Stakkatoton im Offbeat das einzige Überbleibsel der Melodieebene darstellt und das Ganze nun ein gutes Stück deutlicher nach vorn schraubt, während im Untergrund die bekannten Flächen nur noch als dezente Fassade fungieren – im weiteren Verlauf zeigen selbige allerdings vermehrt nicht für möglich gehaltenes Durchsetzungspotenzial, sodass zunehmend atmosphärische Melodieschleider an die Oberfläche gelangen und auch von den alsbald erneut aufgegriffenen Walgesangseinlagen erst einmal nicht eingeschüchtert werden können. Vielmehr sind es die Flächenstücke selbst, welche sich im Folgenden eine Kunstpause gönnen, ehe sie im letzten Drittel auf sporadische Anschwellaktionen beschränkt werden, welche sowohl den Rückbau des Ganzen zunehmend fördern als auch solide 4,75/6 in trockene Tücher bringen.
Greetz,
:: der hammer ::