N’Abend zusammen!
Düster, minimalistisch und treibend - auch wenn ich den Produktionen von Arne Schaffhausen und Wayan Raabe unter ihrem Pseudonym Extrawelt mit der Reduzierung ihres Klangkosmos' auf diese drei Schlagwörter mitunter ihrer vielfältigen Auswüchse beraube, so sind es doch vor allen Dingen diese drei Konstanten, auf welchen die vielen herausragenden Tracks der beiden Soundtüftler stets aufbauen. Auch in 2010 ist das Produzentenduo schließlich weit davon entfernt, seine Hörerschaft mit balearischer Entspannungsuntermalung zu berieseln, sondern fördert mit seinen teilweise abgründigen Klängen vielmehr die subtile Konfrontation. Binnen weniger Wochen sind dabei nun insgesamt drei EPs auf den Markt geworfen worden, wobei Darkroom Dubs, Ideal Audio und Traum Schallplatten sich als Labels dahinter glücklich schätzen dürfen – ich werde mich im Folgenden jedoch ausschließlich mit der für meinen Geschmack überzeugendsten Trackzusammenstellung, der NeverEverDiskoTricks EP (nur echt mit den fehlenden Leerzeichen) befassen, welche Ende Mai das Licht der Welt auf dem Label von Oliver Huntemann (Ideal Audio) erblickte. Zur Verteidigung der übrigen beiden sei jedoch erwähnt, dass diese ebenso wenig von schlechten Eltern sind…
Mit verwirrt durch den Raum geisternden Klangfragmenten zeigt sich Confuzzled bereits im Intro äußerst spendabel mit sphärischen Andeutungen in Richtung düsterer Landschaftsmalerei und setzt dabei formidabel Nadelstiche in einen zurückhaltenden Flächenhintergrund. Mit zunehmender Dauer entwickelt dieser sich allerdings in wesentlich brodelndere Gefilde, sodass sich alsbald auch eine saftige Kickdrum nicht davon abhalten lässt, ins Geschehen einzugreifen und den schimmernden Klangfragmenten eine solide Portion Druck für ihr weiteres Vorgehen zur Verfügung zu stellen. Nach anfänglicher „Euphorie“ lassen sich selbige im weiteren Verlauf jedoch immer weiter in den Hintergrund abdrängen, während eine Supermayer-Bassline sowie eine klimprige Melodielinie à la Dominik Eulberg in der Halbzeit dieses düsteren Akts als Hauptdarsteller engagiert werden. Kurzzeitig initiierte Acidfetzen lassen jedoch auch dieses Szenario wieder erblassen, sodass der Track sich nun eine überaus minimal geprägte Phase gönnt, ehe bisher nicht in Erscheinung getretene Melodieversatzstücke die Supermayer-Bassline wieder auf den Plan bringen und im Anschluss nicht nur der Druck, sondern auch die Klangfragmentdichte noch einmal deutlich erhöht wird. In dieser Weise zelebriert das Ganze schließlich einen mehr als gelungenen, sphärischen Schlusspunkt, welcher vor allen Dingen von der Eulberg’schen Melodielinie geprägt wird und inmitten der düsteren Dauerbeneblung sogar einige Hoffnungsschimmer sowie verdiente 5,25/6 aufstrahlen lässt.
Auch der nicht minder energiegeladene Titeltrack NeverEverDiskoTricks arbeitet zunächst mit einem aus dezent agierenden Melodieandeutungen zusammengezimmerten Intro, welches allerdings im Vergleich zu seinem Vorgänger weniger fahrig wirkt und mit monotoner Pianounterstützung eher klassisch unterwegs ist. In Verbindung mit zartbesaiteten Synthietönen erarbeitet sich das Ganze dabei eine ganz eigene Mauerblümchen-Atmosphäre voller subtiler Melancholie, welche auch in Kooperation mit einer alsbald heranschleichenden Kickdrum nichts von ihrer Faszination einbüßt, wobei es mir besonders die auf einem monotonen Klangteppich zwirbelnden, entzückenden Melodiefragmente angetan haben, mit welchen der Track die Gehörgänge seiner Hörerschaft in dieser Phase mehr als versüßt. Die verträumte Ader des Ganzen, welche allerdings stets in ein dunkles Gewand gekleidet auftritt, muss sich im weiteren Verlauf jedoch einer drummingorientierten Umbildung beugen, in der nicht nur eine elektroid grummelnde Bassline, sondern auch allerhand knisternde Effekte auf den bisher noch überaus minimalistischen Untergrund losgelassen werden. Sporadische Melodieversatzstücke melden im Folgenden jedoch schnell wieder Ansprüche der hiesigen Melodieebene, sodass alsbald nicht nur der monotone Klangteppich, sondern auch die versprenkelten Pianotöne aus ihrer Starre gelöst werden, um dem Track seine – nun auch mit einer gesunden Portion düsternisbehafteten Drucks versehene – melodische Feinsinnigkeit zurückzugeben. Alles in allem kann und will ich mich hier auf jeden Fall nicht vor der Vergabe überdurchschnittlicher 5,5/6 drücken…
Die digitale Zugabe der EP hört dann auf den Namen Too Confuzzled, weist zwar einige unverkennbare Parallelen mit dem erstrezensierten Track auf, muss deswegen meines Erachtens jedoch keineswegs ihr Licht unter den Scheffel stellen. Im Gegensatz zu ihrem Vorgänger liegt die atmosphärische Gestaltung hier auf jeden Fall wieder in wesentlich düsterer Hand, was sich bereits im Intro durch druckvolle Basslinefetzen sowie orientierungslos durch den Raum geisternde Melodieschnipsel bemerkbar macht. Dieses sphärisch sehr gehaltvolle Spiel wird auch im Zusammenspiel mit einem saftigen Beat beibehalten und von Zeit zu Zeit nun in gelungener Weise ergänzt – als Nutznießer dieser progressiven Entwicklung geht dabei aber nicht nur die durch elektroides Wabern monotoner Bauart umrankte Bassline hervor, auch die Melodieebene kann sich mit dem immer wieder passend eingesetzten Auftritt einiger Eulberg’scher Klimpertöne in Szene setzen und die immens düstere Atmosphäre teilweise etwas auflockern. Im Mittelteil des Tracks gewinnt zwar das Drumming zunehmend an Oberhand, doch ein wie Phönix aus der Asche initiiertes Kurzbreak lässt auch die verwirrten Klangfragmente wieder aus dem Hintergrund heraus erstarken, ehe auch die Bassline sich wieder an ihre Durchschlagskraft erinnert und breitwandig mäandernd den düsteren Groove um den Finger wickelt. In Zusammenarbeit mit dem Untergrund etablieren sich im weiteren Verlauf dann sogar wesentlich optimistischer gestimmte Melodieelemente, welche in Form von einigen herrlich durchdrogten Synthieflächen sowie einer zurückhaltenden Tonrolle in eindruckender Weise die Hauptrolle übernehmen. Dabei ist es natürlich vor allen Dingen das überaus kontrastreiche Zusammenspiel der Trackelemente, welches bis zum letzten Ton beibehalten wird und dieses Stück in der zweiten Hälfte für meinen Geschmack noch gehaltvoller anwachsen lässt als seine beiden Vinyl-Vorbilder, sodass ich schlussendlich nicht weniger als äußerst überzeugende 5,75/6 verteilen mag.
Greetz,
:: der hammer ::