N'Abend zusammen!
Für meine heutige Trackvorstellung möchte ich euch weit in den Nordosten Russlands entführen, genauer gesagt führt die Reise nach Archangelsk, wo ein junger Produzent namens Alexander Maljutin sein Faible für melancholische Klanglandschaften pflegt und unter seinem Pseudonym Spieltape wunderbar deep mäandernde Stücke veröffentlicht. Ein Hauch Progressive, eine Prise Techhouse und subtile, trancig anmutende Melodieansätze - diese zu einem feinsinnigen Ganzen zusammengebrauten Zutaten brachten in diesem Jahr auch das renommierte Label Proton Music auf die Fährte des talentierten Russen, welcher mit dem nachdenklichen Lonely Places I've Never Been nun Ende Mai seine dortige Debütveröffentlichung feiern durfte. Zudem stellte man dem Guten noch eine nicht minder überzeugende Remixer-Riege (insgesamt vier an der Zahl) an die Seite, welche ich aufgrund von teilweise nicht in voller Länge zur Verfügung stehenden Hörproben sowie zur Vorbeugung eines komplett ausufernden, blumigen Textmonsters allerdings nur in Kurzrezensionen behandeln werde.
Kommen wir jedoch zunächst zum Original Mix, welcher mit einem angenehm träufelnden Drumming von Beginn an einen entspannten Groove zu entfalten weiß und in dieser Phase auch von einigen dezent heranrauschenden Melodietönen noch keine allzu positive Meinung besitzt. So liegt das Hauptaugenmerk vielmehr auf der Entwicklung einer düster brummenden Bassline, welche sich mehr und mehr aus ihrem Schneckenhäuschen befreien kann und sowohl das Drumminggerüst als auch die alsbald initiierten Tonwischer in ein großes Gefäß voll dunkler Farbe tüncht, sodass der Hörer nun fast sekündlich mit einer stärker inszenierten Atmosphäre voller schwermütiger Gedankengänge konfrontiert wird. Als einzige Lichtblicke taugen dabei einige Fragmente einer hellen, glockenspielähnlichen Melodiefolge, welche das Ganze im Anschluss ebenso wie die hoffnungslos düster agierende Bassline sowie die zaghaften Tonwischer ins anstehende Break mitnimmt. Dennoch sind die Melodieelemente hierbei imstande, die sphärische Gestaltung etwas deutlicher an sich zu reißen, da im Untergrund einige Stolperfallen aufgestellt werden; wenn sich das Stück allerdings im weiteren Verlauf in bekannter Manier wieder zusammenstellt, übernimmt die nordische Melancholie erneut das Ruder und lässt das Ganze in seiner unaufgeregt progressiv groovenden Fortbewegungsart sogar eine dezente hypnotische Ader an sich entdecken. Unterbrochen wird diese Entwicklung nur von einer dem deepen Untergrund gewidmeten Solofahrt, ehe der Track sich nach einem letzten Stelldichein der subtilen Melodieansätze langsam, aber stetig zurückbaut. Alles in allem ein Track, der die Jahreszeiten Frühling und Sommer zwar stets geflissentlich missachtet, mit seiner ungemein beruhigenden Tiefe sowie imho verdienten 5/6 aber auch im Juni keinesfalls als Kanonenfutter abgestempelt werden sollte...
Für die im Original fehlende Portion Wärme sorgt dafür im Anschluss der Ormatie Neither Here Nor There Remix, welcher an die hellen Klänge des bekannten, glockenspielähnlichen Melodiefragments anknüpft, dieses mit einer Vielzahl von ätherischen Alternativtönen sowie -effekten sphärisch ergänzt und das düstere Thema damit in ein herrlich entspanntes Sommerklima verwandelt. Vor allen Dingen im Break macht sich der Hang zum Optimismus ordentlich Luft, wenn aus allen Himmelsrichtungen die schwerelos schwebenden Melodieansätze nur so herbeiströmen und auf der von der Sonne erwärmten Liegedecke in Form sanftmütiger Flächen alle Viere von sich strecken. Doch auch die sporadisch auftretende Bassline in ihrer minimalistisch groovenden Schönheit soll hier nicht unerwähnt bleiben, sodass sich dieser Remix seine 5,5/6 insgesamt mehr als verdient hat und damit für meinen Geschmack auch das Original noch zu überflügeln weiß. Der Evren Ulusoy Remix dagegen geht es - auch wenn es der deephousige Anfang nicht nahelegen möchte - eine gute Runde druckvoller an, behält im Gegensatz zu Ormatie aber die melancholische Grundstimmung größtenteils bei. Angereichert mit einigen Vocalsamples und tiefergelegter Flächenarbeit steht allerdings auch hier zumeist die helle Melodiefolge aus dem Original im Vordergrund der Melodieebene, während sich im Untergrund die gelungenen Alternativflächen in progressiver Manier die Klinke in die Hand geben. Für mehr als überaus solide 4,75/6 reicht es im Endeffekt dann aber doch nicht...
Schwungvoller als das Original lässt es auch der Arthur Deep Remix angehen, welcher das helle Originalmelodiefragment im Break mit stakkatierten Elektroflächen à la Deadmau5 vereinigt, im Anschluss an eine erwartbare Anschwillaktion allerdings nur recht durchschnittliche Progressive-Kost zu bieten hat, welche trotz eines vielschichtigeren Klangbilds in keinem Moment in solch sphärisch intensiv anmutende Schichten vordringen kann wie seine Vorgänger. Dafür entfalten sich einige Alternativmelodietöne aus dem Trance-Baukasten, mit welchen allerdings für meinen Geschmack die vorhandenen, subtilen Melodieandeutungen im Untergrund des Ganzen viel zu deutlich zu Nebenschauplätzen degradiert werden - summa summarum komme ich hier nicht über wenig euphorische 4/6 hinaus. Den Abschluss bildet dann schließlich der Alexander Daf Remix, welcher sich zur Abwechslung in ein Breakbeat-Gewand gekleidet hat, mit dem Original allerdings nur noch so wenig zu tun hat wie die bisherigen WM-Spiele mit glanzvollen Auftritten von Weltklassemannschaften (mit einer Ausnahme, wohl angemerkt). Blendet man diese Tatsache aus, hat man es immerhin mit einem angenehm düster angehauchter Track inklusive Gameboy-Sample und Sinuskurven-Bassline zu tun, welcher seine gewissen Momente besitzt, um meine Wertungsskala erst bei 4,5/6 zum Stillstand zu nötigen.
Greetz,
:: der hammer ::