N'Abend zusammen!
Das vom aufstrebenden spanischen Produzenten Henry Saiz ins Leben gerufene Label Natura Sonoris führt meines Erachtens zwar leider eher ein Nischendasein, besticht dafür aber umso mehr mit seinem offenen und teilweise experimentierfreudigen Umgang mit atmosphärischer elektronischer Musik. Dabei ist es keineswegs nur der Labelgründer selbst, dessen Tracks sich stets diesem Dogma unterwerfen, auch die Entdeckung und Förderung zahlreicher talentierter Künster und Künstlerinnen wie 7th Key, Cora Novoa, Voltaeric oder Damabiah kann sich der Gute auf seine Fahne schreiben. Für die aktuelle (im Dezember erschienene) EP zeichnet sich nun das mir bis vor einigen Wochen noch vollkommen unbekannte britische Duo Liz Cirelli & Minski verantwortlich - erstere versteht sich vor allen Dingen in der Schaffung melodisch liebäugelnder Tracks mit der gewissen technoiden Note, während letzterer ein klassisch ausgebildeter Konzertviolonist ist. Das äußerst spannende Ergebnis dieser Projektarbeit lässt sich nun in insgesamt 3 Tracks nachhören, welche mit ihrer Streicheraffinität demzufolge nicht geizen...
Shiver als titelgebender Track der EP legt die Messlatte für meinen Geschmack auf jeden Fall schon einmal sehr hoch und präsentiert sich als überaus intensives Kammerspiel aus technoiden, progressiven und trancigen Gefilden, welches zudem nicht vor der gewissen Portion Teufelsgeige zurückschreckt. Der Beginn des Ganzen ist zwar recht unspektakulär geraten, sobald aber im Hintergrund die ersten geloopten Melodieansätze erkennbar aus dem Schatten treten, beginnt die gemeine Hörerschaft damit, ihre Fühler danach auszustrecken, während parallel dazu ein wunderbar düster grummelndes Basslinewandfragment als klassischer Gegenpart fungiert. Ein erstes Break profitiert besonders von dieser Entwicklung und enthüllt die Melodietöne als aufgeregt zirkulierende Geigenklänge, welche im weiteren Verlauf aber wieder für einige Augenblicke in den Untergrund verbannt werden, ehe sie in erstarkter Form das sphärische Zepter des Tracks an sich reißen und die Melodieebene mit ihrem variantenreichen Arrangement - mal in flehenden Wirbelmelodien, mal in gezupfter Entspanntheit - mehr als bereichern. Begleitet von angespannten Alternativflächen sowie immer mal wieder durch den Effektwolf gezogen entfaltet sich dabei ein äußerst abwechslungsreiches Melodiespektakel in progressiver Vollendung, welches zudem von zahlreichen weiteren Kurzbreaks, in denen in stetiger Regelmäßigkeit interessante Alternativmelodiebögen die zwielichtig anmutende Atmosphäre des Stücks verdichten, durchzogen ist. Nach dem letzten Break darf sich zu guter Letzt dann auch noch einmal die herrlich düstere Basslinewand in Szene setzen, ehe monotone Melodieloops den nahenden Endpunkt des Tracks heraufbeschwören, an dem bereits aus der Ferne großartige 5,75/6 zu erkennen sind.
Auch das nachfolgende Quivver weiß seine atmosphärischen Karten auszuspielen und kann in dieser Hinsicht mit seinem Vorgänger mehr als nur passabel mithalten. Von Beginn an wird der Track jedenfalls von mystischen Melodieschleiern in flächiger Instrumentierung umschwärmt, welche bereits frühzeitig das Intensitätspegel anregen und auf dem techhousig anmutenden Untergrund alsbald von einigen orientalisch angehauchten Gitarrenzupfern an vorderster Front abgelöst werden. Ein erstes Quasi-Break traut sich dann sogar, die dazugehörige Flöte aufzuwecken, welche sogleich auch den ihr zur Verfügung stehenden Raum für eine kleine Solofahrt nutzt und die arabische Note des Stücks weiter forciert. In dieser Formation gefällt sich die Melodieebene so sehr, dass der Track im weiteren Verlauf imstande ist, die Atmosphäre eines Streifzugs durch das nächtliche ___ (hier beliebige Großstadt im nahen Osten einfügen) ins verschneite Deutschland zu vermitteln, bis im nächsten Break dann Gitarre und Flöte verschwinden und stattdessen orientalische Geigenklänge in einer berühmt-berüchtigten Mischung aus Verzweiflung und Hoffnungsschimmern in die Gehörgänge gestreut werden. Auf dem Höhepunkt dieser Entwicklung wird dann schließlich ein entscheidender Kontrapunkt gesetzt, welcher der allmählichen Violinen-Überreizung den trockenen Beat entgegensetzt, auf dem fast alle melodischen Elemente komplett ins Hintertreffen geraten. Einzig das mystische Flächenwabern sorgt im Folgenden dafür, dass die sphärische Komponente nicht gänzlich aus dem hiesigen Track entschwindet, und darf in subtiler Manier schließlich sogar das Outro bestreiten. Summa summarum ein alles andere als alltäglicher Track, welcher sich seine 5,75/6 nicht minder verdient hat.
Guruvaara als Dritter im Bunde zeichnet sich dann vor allen Dingen durch seinen herrlich groovenden Proghouse-Rhythmus aus, welcher in Verbindung mit den flehenden Streicherklängen von Minski eine wahrhaft epische Vollkommenheit anstrebt. Nach anfänglichen Effektwellen schickt sich das Ganze hier bereits frühzeitig an, mit seinem klickernden Drumming in Kooperation mit stakkatierten Basslinetönen ein überaus einladendes Trackbett für die anstehenden Geigenklänge zu erschaffen, sodass alsbald auch schon die ersten Melodiefragmente im Hintergrund heranrauschen und zusammen mit einer luftigen Alternativtonfolge eine gewisse sphärische Eleganz zu entfalten wissen. Verspielt und zwielichtig gerät ihr Auftritt dann im ersten Kurzbreak, an den sich im Anschluss auf dem Drumming eine weitere flächige Melodielinie entfalten kann und mit ihrer wunderbar schwebenden Ader einen gelungenen Kontrast zu den eher hochtrabenden Geigen bildet. Letztere tauchen im weiteren Verlauf zwar auch immer mal wieder auf dem angenehm groovenden Untergrund auf, lassen aber zumeist der nun wieder an die Oberfläche geschlichenen luftigen Tonfolge den Vortritt, um sich auf ihren baldigen großen Auftritt zu konzentrieren. Diesen hat das Stück sich für das kommende Break aufgehoben, in dem die Geigenklänge nun zunächst erneut ihr eher zwielichtiges Antlitz offenbaren, um im Folgenden zusammen mit herrlich entspannten Alternativflächen aber wesentlich aufgeräumtere Töne anzuschlagen. In sphärischer Hinsicht gibt der Track dabei kurzzeitg ein nicht mehr für möglich gehaltenes wärmendes Bild ab, bevor der groovende Untergrund wieder die mystische Melodielinie in ihrer flächiger Instrumentierung bezirzt und mit dieser schließlich auch die letzten Meter dieses mit 5,5/6 ebenfalls sehr empfehlenswerten Stücks begeht.
Greetz,
:: der hammer ::