N'Abend zusammen!
Das überaus umtriebige Produzentenbrüderduo Moonbeam alias Witali und Pawel Khwalejew aus dem russischen Nischni Nowgorod bedarf im hiesigen Forum sicherlich keiner großen Einführung mehr, bin ich doch stets darum bemüht, die vielen Rosinen aus ihrem ohne Unterlass anwachsenden Backkkatalog mit einer blumigen Rezension zu versehen. Dass Kreativität und Abwechslungsreichtum in ihrem zwischen minimalen, technoiden und progressiven Strukturen anzusiedelnden Klangspektrum dabei nie aus dem Blickfeld verwschwinden, dürfte vor allen Dingen dem Händchen für das gewisse Etwas geschuldet sein, mit dem sich die Produktionen der beiden für meinen Geschmack immer wieder aus der unübersichtlichen grauen Masse hervorheben. Dass hierbei auch sphärische Komponenten, welche vor allen Dingen sämtliche Facetten düsterer Gefilde abzudecken wissen, nicht zu kurz kommen, beweist einmal mehr die Tokyo Dragon EP, welche vor wenigen Tagen beim renommierten Label Proton Music erschienen ist und nur darauf wartet, eure Gehörgänge in den unten verlinkten Hörproben zu vereinnahmen.
Tokyo Dragon als Titeltrack geht es für Moonbeam-Verhältnisse zwar recht gediegen an, dunkel angestrichenes Basslinegrummeln und mystisch schimmernde Melodiefetzen, welche von Beginn an durch den Raum geistern, halten jedoch auch hier allzu optimistische Gedanken unter Verschluss. Mit fein austarierten Drumminganleihen klickert das Ganze dabei zunächst auf minimalem Territorium, ehe sich im Hintergrund schließlich eine stakkatierte Stecknadel-Bassline für steigende Druckverhältnisse sorgt, auf denen sich auch die zunehmend zu etwas klareren Tonfolgen mutierenden Melodiefragmente sichtlich wohlfühlen. Während sich die Bassline an der Basis nun mehr und mehr zu einer dezent wabernden Wand formiert, sind der Vielseitigkeit der Melodiestränge an der Oberfläche kaum Grenzen gesetzt, sodass sich fast hinter jeder Ecke ein neuer Baustein der Melodieebene sphärisch in Szene setzen kann. Der zurückgelehnte Charakterzug, den das Ganze stets offenbart, titt zudem im anstehenden Kurzbreak besonders zutage, wenn die schummrig-subtilen Hintergrundflächen zu einer kleinen Solofahrt ansetzen und sich beim Hörer zunehmend eine verträumte Genießerhaltung einstellt, die auch vom abrupten Auftreten des deep-drückenden Drummings alles andere als unterbunden werden kann. Die progressive Entwicklung der Melodieelemente sieht dann noch einige verzwirbelte Arpeggios vor, doch ehe man sich versieht, schlägt das Stück auch schon wieder in überaus dezenter Manier die Zelte zusammen und verabschiedet sich mit überzeugenden 5,25/6 im Gepäck in die Weite der russischen Taiga.
Mit Only This Moment hat man sich im Anschluss diesmal die goldene Mitte für den stärksten Track der EP ausgesucht, der in meinen Ohren alle Vorzüge des Moonbeam'schen Klangkosmos in sich vereint. Eingeleitet wird das Ganze zunächst von einem ansehnlich nach vorn ausgerichteten Drumming, welches zwar auf seine Essenz reduziert ist, aber in Kooperation mit ersten monotonen Basslinefetzen, spannenden Klickereinwürfen und vagen Melodieversatzstücken bereits nach wenigen Momenten den Hörer so weit hat, dass dieser nicht mehr loslassen kann, ehe hier nicht auch der letzte Ton verklungen ist. Mystisch schimmernde Tonschwaden verdunkeln die Atmosphäre nun zusehends und lassen sich vom schiebenden Untergrund den Rücken kraulen, ehe ein Kurzbreak mit einer glöckchenartig verklimperten Melodielinie den Nebel etwas lichten kann. Diese Tonfolge scheint zwar nachhaltig Nachhilfeunterricht bei Dominik Eulberg genommen zu haben, ist aber dennoch imstande, die Atmosphäre entscheidend zu intensivieren und ein mehr als gelungenes Vorprogramm für ihr im weiteren Verlauf in Zusammenarbeit mit dem Drumming heraneilendes Pendant im markant akzentuierten Moonbeam-Stil abzubilden. Zudem kann sich auch in diese Phase im Hintergrund ein subtiles Klimpern - wenn auch recht monoton gehalten - hinüberretten, sodass die überaus agile Melodielinie galante sphärische Unterstützung auf ihrem Parforceritt erhält. Zieht diese sich im Folgenden wieder zunehmend in den Hintergrund zurück und deutet das Ganze ein zweites Kurzbreak an, so schlägt noch einmal die Stunde der Westerwälder Klimpermelodie, welche mit ihrer unglaublich mystischen Ader erneut alle Register zieht und kurzzeitig sogar auf dem drückenden Beat trohnen darf, ehe auf den letzten Metern wieder die herrlich verspielte Melodielinie das Treiben im düsteren Rahmen übernimmt. Alles in allem ein Track wie aus einem Guss, der von meiner Seite nicht weniger als euphorisch angehauchte 6/6 dargereicht bekommt.
Dass sich stets auch ein Blick auf die hinteren Startnummern einer EP lohnt, beweist Multi Fly mit allem Nachdruck, auch wenn der Track im Vergleich mit seinem Vorgänger sein Hauptaugenmerk weniger auf sphärische Finessen, denn auf techhousig-minimales Grooven mit der gewissen melodischen Note gelegt hat. Anfängliches Klickern in Verbindung mit einem elektroid beeinflussten Tonfolgenfragment setzt hier schon einmal klar die Segel, bevor sich im Untergrund die eindeutig dunkelste Bassline der gesamten EP breitmacht, welche mitunter auch die Vorlesung "Düstere Grooveorgien zur Befriedigung niederer Instinkte" mit Interesse verfolgt zu haben scheint. Die davon kurzzeitig recht beindruckte Melodielinie kann sich jedoch ziemlich schnell wieder fangen und zusammen mit sporadisch auftretenden Synthietönen auch weiterhin die Marschroute an der Oberfläche festlegen, während das Rumoren im Untergrund bei entsprechender Lautstärke sicherlich Mark und Bein erschüttern dürfte. Im Anschluss an ein Kurzbreak, welches die rhythmische Hypnose nicht wirklich unterbrechen kann, übernimmt dann allerdings ein alternatives Melodiefragment die Rolle des subtilen Anpeitschers, ehe im weiteren Verlauf nach einem kleinen Bassline-Solo wieder die elektroid inspirierte Tonfolge das Ruder in die Hand nimmt und die restlichen Melodietöne nur noch spartanisch angeschnitten werden. Letzte Synthietöne auf absterbendem Basslinegrooven kündigen schließlich bereits vom bevorstehenden Rückbau des Ganzen. Summa summarum ein mehr als solider Abschlusstrack, der am deutlichsten in Richtung Club schielt und mit 5/6 ebenfalls keine schlechte Partie darstellt.
Greetz,
:: der hammer::