Als ich mir die Maxi "James Brown is dead" von L.A.Style gekauft habe, wurde ich überall müde belächelt, was für einen Schwachsinn ich höre. Tja, damals war es eben Underground. Plötzlich aber ging das Lied rum wie Sau, jeder fands plötzlich toll und es kam sogar in die Charts. Ist es deswegen Kommerz? Aus heutiger Sicht ja, weil es immerhin einen Chart-Entry gab, aber dann ist ALLES Kommerz.
Kommerz ist nichts anderes als eine rein profitable Produkterstellung, die als einzigen inbegriff innehat, mit möglichst minimalem Aufwand maximalen Profit zu erwirtschaften. Und somit scheiden in dieser leidigen Diskussion fast alle "Kommerzler" ganz plötzlich aus.
DJ Quicksilver zum Beispiel wurde berühmt durch Bingo Bongo.
War dieser Track damals massentauglich? Nein, Rave war angesagt, und er kommt mit einer unmelodiösen Housenummer und saublödem titel an. Dass er trotzdem erfolgreich wurde lag nie und nimmer in Quicksilvers Absicht. Und nicht umsonst hat er mehrmal seinen Style verändert und was Neues probiert. Muß man ihm deshalb einen Vorwurf machen, Kommerz zu betreiben? Nur weil eben vielen Leuten gleichzeitig seine Produktionen gefallen?
Westbam ist ja in der Hinsicht die größte Kommerzsau überhaupt, immerhin schreibt er Hymnen für Massenraves, vermarktet dutzende Sampler und kommerziell erfolgreiche Acts, vermarktet sich und seine Firma wo immer es geht. und gilt er als Kommerzler?
Nein, und ich frage mich, warum!
Es gibt kaum Menschen, die Differenziert genug mit diesem Thema umgehen können. Es ist auch schwer zu trennen - die Frage sollte aber lauten, WARUM wir überhaupt trennen wollen!
Der Kommerz sorgt immerhin dafür, daß Techno und Trance für die Plattenfirmen profitabel genug bleiben, um weiterhin Newcomer und Releases zu fördern. Also gibt es den Underground ohne Kommerz nicht. Denn kein Künstler kann sich ein Equipment leisten oder Platten pressen, wenn er damit kein Geld verdient!
Ich selbst mache Musik um der Musik Willen, nicht aus Gründen des Profits. Und trotzdem will ich damit Geld verdienen. Denn dieses kann ich widerrum in neues Equipment investieren, die Qualität meiner Tracks erhöhen, einen größeren Markt erreichen. Und das alles ist nicht möglich, wenn ich den Kommerz verfluche!
jeder, der gegen diese Entwicklung wettert, schneidet sich ins eigene Fleisch, denn es gibt keine Szene ohne Wirtschaft!
Welcher Clubbesitzer kann denn Eure Parties ausrichten, wenn keine Sau mehr an elektronischer Musik interessiert ist? Wegen ein paar Underground-Spocken rentiert sich das sicher nicht.
Alles hängt zusammen, und nur wenn wir UNVOREINGENOMMEN beide Seiten der Medaille akzeptieren, wird unsere Szene überleben, egal welcher ihrer zahlreichen Facetten wir angehören!
Somit belächle ich Scooter, ärgere mich über die dreisten Plagiate oder schimpfe auch mal über die Qualität derer Produktionen, aber ich akzeptiere ihr Dasein und danke ihnen insgeheim, daß sie ihrem Label den nötigen Antrieb bieten, auch andere Acts weiterhin zu unterstützen. Ist Scooter erstmal tot, und es gibt keine andere Geldsau auf dem Label, wird die elektronische Musik einfach aus dem Programm genommen und verschwindet - vielleicht auf Nimmerwiedersehen. Daran sollten unsere Underground-Daddler mal einen Moment nachdenken bevor sie laut keifend wieder über jeden herfallen, der eine Lasgo oder Sylver Platte im Schrank hat!