N'Abend zusammen!
Mit Wait For Me ist vor einigen Tagen still und heimlich ein neues Album von Moby erschienen, auf welchem der New Yorker Altmeister sich nach seinem Ausflug in eher diskoide Gefilde auf Last Night nun wieder einem wesentlich sphärischer ausgelegten Klangspektrum widmet. Das Ganze ist eine wunderbar intensive Reise durch eher melancholische Gefilde geworden, mit der Moby endlich wieder einmal sein kreatives Potenzial ausschöpft und nebenbei auch seine letzte Platte für meinen Geschmack komplett in den Schatten stellt. Die breite Masse wird und will er damit gar nicht erst erreichen, was auch schon die Veröffentlichung auf seinem eigenen Indie-Label Little Idiot verdeutlicht, jedoch will ich euch vor allen Dingen die hochkarätig besetzte erste Remix-EP vom entzückenden Pale Horses, der ersten Single aus dem Album, natürlich nicht vorenthalten. Das Stück funktioniert übrigens auch bestens als zum derzeitigen Sommerblues...
Gui Boratto's Last Window Remix geht es dennoch im Vergleich zum Original etwas forscher an und lässt das Original in seinem techhousigen Gewand in den ersten Momenten erst einmal komplett außen vor, um sich auf die Entwicklung eines angenehm monotonen Grooves zu konzentrieren. Dieser setzt sich dabei zusammen aus einer "Wisch-und-Weg"-Bassline, auf welcher sich einige tänzelnde Tonfragmente entfalten können, bevor der Untergrund mit der Hinzunahme eines weiteren Basslinefragments seinen druckvollen Groove weiter perfektioniert. Dennoch offenbaren sich im Hintergrund zusehends einige erste Hinweise auf die Melodiebögen des Originals, welches im weiteren Verlauf allerdings eher durch das Auftauchen der melancholischen Vocalsamples auf sich aufmerksam macht. Die bekannten flehenden Synthies fühlen sich zwar durch die Vocals angestachelt, die sphärische Ebene weiter zu intensivieren, müssen sich allerdings erst einmal den monotonen Alternativen von Gui Boratto geschlagen geben. In der nächsten Vocalphase ist es ihnen dann schließlich gegönnt, für einige Momente ihr sphärisches Potenzial in überaus subtiler Art und Weise auszuspielen. Im Mittelteil besinnt sich der Remix zwar wieder auf seinen drückenden Techhouse-Untergrund, mit den bald wieder einsetzenden Tonfragmenten ist es jedoch auch bis zu den Vocals und ihrer melodischen Begleitung nicht weit, ehe sich kurz vor Schluss zur Überraschung aller Beteiligten sogar noch eine gelungene Alternativmelodie dazugesellt. Dieser ist es zwar vorbehalten, nur für einige Augenblicke die sphärische Ebene zu bestücken, diese haben es dennoch in sich - falls man in dieser Form überhaupt von einem Track in einem solch techhousig-progressiven Rahmen sprechen darf. Den Endspurt bestreitet der Remix dann wieder monoton aufgereiht, sodass genügend Raum für die Vergabe verdienter 5/6 zur Verfügung stehen dürfte.
Der Apparat Remix vom IDM-Produzenten Sascha Ring hingegen hat es eindeutig auf die atmosphärische Komponente des Originals abgesehen und vereint in sich eine solche Vielfalt an musikalischen Einflüssen, dass es müßig wäre, diese hier alle aufzuzählen. Das Ganze gönnt dem Hörer jedenfalls zu Beginn erst einmal ein fast zweiminütiges Intro voller schwermütiger Schönheit, in dem sich nach anfänglichem Melodiegewaber in herrlich subtiler Natur die ersten Synthieflächen aus dem Original mehr und mehr an die Oberfläche arbeiten. Begleitet von den allem Anschein nach leicht heruntergepitchten Vocals und immer wieder wie Messerstiche hineingeworfenen Melodiestäben entfaltet sich dabei ein herrlich undurchdringlicher Klangteppich, welcher sich alsbald mit einigen Dubstep-artigen Drumming-Anleihen schmückt. Lässt sich die sphärische Ebene nun leicht zurückfallen, ist der erste Wendepunkt des Remixes nicht mehr weit, sodass sich nun ein an Burial erinnerndes Drumming auf den Weg macht, den Melodieelementen einen angemessen Untergrund zu verleihen. Diese nehmen das Geschenk jedenfalls mit wohlwollender Miene an und schicken sogleich die intensiven Originalstreicher voran, welche sich auf der ihnen gebotenen Basis sichtlich wohlfühlen und ihre melancholische Ader in Zusammenarbeit mit einigen Vocalansätzen in überzeugender Art und Weise entfalten können. Im Mittelteil des Ganzen darf der Hörer sich dann zwar kurzzeitig von der Epik der Melodieebene erholen und dem monoton schleichenden Drumming seine Aufmerksamkeit widmen, Streicher und Vocalfragmente schlafen jedoch nicht und arbeiten sich im weiteren Verlauf stückweise wieder nach vorn, ehe sie im letzten Drittel noch einmal all ihre Dramatik in Atmosphäre packen können. Die letzten Meter gehören dann einem Vocalfragment, welches in Kooperation mit dem Drumming langsam aus dem Blickfeld der Hörerschaft entschwebt. Alles in allem siedele ich diesen Remix noch wesentlich stärker als die Überarbeitung von Gui Boratto an und bin daher wieder einmal bereit, euphorische 5,75/6 zu verteilen.
Greetz,
:: der hammer ::