N'Abend zusammen!
Henry Saiz ist für mich der Mann der Stunde - in regelmäßigen Abständen haut der spanische Produzent Tracks und Remixe der Marke "einer besser als der andere" unters Volk, auf die manch anderer neidisch werden könnte. Dabei ist es nicht nur die spannende Stilvielfalt aus minimalen, trancigen und technoiden Einflüssen, die der Gute pflegt, auch aus atmosphärischer Hinsicht wird der Hörer nicht gelumpt, sondern mit wunderbar feinsinnig austarierten Klangwelten, die seinesgleichen suchen, konfrontiert. Auf der Anfang Dezember auf Paradigma Musik erschienenen This Howling World EP gibt es jedenfalls wieder einmal drei hervorragende Stücke für Entdecker zu hören, von denen ich wieder einmal restlos begeistert bin. Wer es mir annähernd gleich tun möchte, sollte also unbedingt einmal auf dieser Seite vorbeischauen, auf der es alle Sachen in voller Länge zum Hineinlegen und Genießen gibt.
We Are All auf der A-Seite präsentiert sich zu Beginn noch in monoton schimmernder Minimal-Optik, unter der sich ein wellenartiger Basslineverschnitt in überaus subtiler Art und Weise versteckt, sich in einem ersten Kurzbreak aber bereits für einen kleinen Moment in schwungvoll drückender Montur zeigt. Zugunsten der Entfaltung einiger dezenter Melodieandeutungen im Hintergrund lässt dieser sich allerdings im weiteren Verlauf erst einmal wieder zurücktropfen, ehe er sich in Kooperation mit einem schummrigen Ton wieder zunehmend anschickt, aus seiner betulichen Zurückhaltung herauszubrechen. In Verbindung mit einer ersten Melodielinie, die auch zu Recht diesen Namen trägt, lässt sich der Wille der Bassline, endlich komplett an die Oberfläche zu gelangen, ebenfalls nicht leugnen, doch auch der stetig an- und abschwillende Charakter während der Melodiephasen besitzt auf jeden Fall seinen Charme. Währenddessen bekommt die Melodie nun weitere Unterstützung durch gut sitzende Echos, einige alternative Alternativtöne sowie eine beruhigende Flächenuntermalung in subtiler Ausarbeitung, sodass das Ganze eine für Saiz' Verhältnisse fast schon positiv beeinflusste Atmosphäre aufweist, welche im kommenden Break aber erst einmal wieder dem düsteren Brodeln des Untergrunds den Vortritt lassen muss. Im Anschluss weiß sich dies sich allerdings schnell mit der bekannten Tonfolge zu arrangieren, welche erneut spannende Alternativtöne im Schlepptau mit sich trägt und in und nach einem weiteren Kurzbreak auch endlich mit der zu nicht mehr geahnter Durchschlagskraft hervorgedrungenen Bassline den Track zum Höhepunkt drängt. Die weitere Entwicklung gehört dann einem dezenten Rückbau der Melodieelemente, welche noch einmal ihre schummrige Seite zeigen und damit endgültig imho verdiente 5,25/6 für dieses Stück manifestieren.
Triumph Of Delusion mag zu Beginn zwar einen Feldzug in eher technoidere Gefilde unternehmen, welcher sich vor allen Dingen in der voranmarschierenden Gestalt einer hektisch wabernden Bassline widerspiegelt, besitzt allerdings auch seine melodischen Momente, sodass man sich nicht zu früh abschrecken lassen sollte. Erst einmal sorgt allerdings eine krude Soundäthestik, in der sich ein Soundpuzzle im Hintergrund sowie die bereits erwähnte Basslinie duellieren, für Furore und lässt sich dabei von einem knochentrockenen Beat unterstützen. Vor allen Dingen die unterschiedliche Intensität des Untergrunds ist dabei für das Fernhalten jedweder Monotoniegedanken zuständig und initiiert schließlich auch die ersten kontrastreichen Melodietöne, welche in überaus heller Instrumentierung wie Phönix aus der Asche emporsteigen und den Track mit ihrer wiederum für Saiz' Verhältnisse fast schon sonnigen Atmosphäre auffrischen. Anschwillendes Zischen sowie breitere Melodieinstrumentierung kündigen dann alsbald wieder vom altbekannten Spielchen der Melodieelemente, sich nach kleinen Höhepunkten gerne einmal kurzzeitig ins Schneckenhäuschen zurückziehen, sodass erneut der wabernde Untergrund für einige Momente im Vordergrund hin- und herwälzt. Es dauert allerdings nicht allzu lang, bis auch die Tonfolge wieder aus ihrem Sekundenschlaf erwacht und das Ganze mit ihrer positiven Ausstrahlung umhaucht, sodass sich der gemeine Hörer wieder voll und ganz den spannenden Kontrasten aus technoid-schiebendem Untergrund und tranciger Melodieebene hingeben kann. Zunehmendes Zurückziehen in den Hintergrund kündigt schließlich vom nahenden Ende dieses interessanten Tracks, der nicht ohne die feierliche Übergabe überzeugender 5,5/6 auskommen wird.
Kommen wir mit The Snake's Speech nun zum Dritten im Bunde, welcher sich klammheimlich zu meinem Favoriten dieser EP entwickelt hat und zudem eindeutig der Track mit dem für meinen Geschmack gehaltvollsten sphärischen Ambiente geworden ist. Erneut wunderbar knochentrocken ist dabei das Drumming geraten, welches durch eine subtile Offbeat-Bassline und wildernde HiHats ergänzt wird und nach nicht allzu langer Orientierungsdauer die ersten dezenten melodischen Andeutungen im Hintergrund erfährt. Dazu passen auch ganz hervorragend weitere stakkatierte Bassline-Fetzen, welche sich vor allen Dingen von technoiden Gefilden beeinflusst zeigen und kurzzeitig sogar einige knarzige Ausbrücke auf Lager haben, bevor sich die Töne aus dem Hintergrund allmählich anschicken, mehr und mehr von sich und ihren glücklichen Begleitern preiszugeben. Ein anstehendes Break bringt dann endgültig Klarheit in die Sache und verhilft einer herrlich melancholischen Melodielinie, welche in jazzigen Bereichen ihren Ursprung haben könnte, auf die Sprünge, was schließlich in der Entfaltung großartig verträumt-winterlicher Melodieschübe seinen Höhepunkt findet. Dem düster drückenden Drumming kommt die Rolle als gelungener Gegenpol zur entrückten Melodielinie jedenfalls gerade recht und verhilft dem Ganzen zu weiterer sphärischer Intensität. Monotone Begleittöne runden das Thema ab, welches sich im Mittelteil noch einmal in ein Quasi-Break traut, welches den Untergrund aufplustern sieht, während darüber die feinsinnigen Melodieschübe Melancholie par excellence zelebrieren. Mit dieser weiteren kleinen Verrohung schafft es das Drumming im weiteren Verlauf noch eine Nuance überzeugender, das kontrastreiche Spiel mit der unwiderstehlichen Melodiefolge zu einer letzten sphärischen Intensivierung zu treiben, bevor sanftes Hinabgleiten der prägnanten Elemente in den Hintergrund die letzten Momente bestimmt. Alles in allem ein absolut nichtalltäglicher Track, der nicht von dieser Welt zu sein scheint und für meinen Geschmack mit nicht weniger als mit der Höchstwertung von 6/6 entlassen werden sollte!
Greetz,
:: der hammer ::