Fairmont "Coloured in memory"

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  • Das dritte Album Release auf Border Communitiy nach Nathan Fake - Drowning in a Sea of Love und Holden - The Idiots are Winning ist nun schon seit einem Monat draußen. Es gehört Fairmont, auch bekannt als Jake Fairley. Ein Kanadier, wohnhaft in Berlin, der schon mit seiner ersten (auf dem Album nicht vorhandenen) Single Gazebo für Aufsehen sorgte. Im Gegensatz zu The Idiots are Winning knüpft dieses Album wieder an das melodiösere Erstlingswerk von Nathan Fake an, setzt allerdings noch einen drauf. Sehr melodiös und trancig, und sogar mit Vocals wartet dieses Album auf, ohne jedoch auf Experimente zu verzichten. Man kann schon fast sagen dass dieses Album poppiger ist und der beste Vergleich der mir spontan einfällt ist Moby mit Play/18. Und das ist nicht übertrieben.

    Denn hier wechseln sich relativ poppige Vocalnummern mit tanzbaren Tracks sowie träumerischen und zugleich experimentellen Wohnzimmerstücken ab. Eine sehr schöne Mischung, die aus dem Album ein Gesamtwerk schafft, welches ich trotzdem mal versuchen will einzeln aufzuschlüsseln:

    Mit Fade to Saturnate geht es ohne große Einleitung direkt flott los. Recht bedrückende Nummer irgendwie, eine männliche Vocalzeile steht hier im Mittelpunkt und gibt dem Track den Namen. Ordentliche Einleitung.

    Darling Waltz knüpft stilistisch direkt an seinen Vorgänger an, anstatt von Vocals steht hier allerdings alleinig die Melodie im Vordergrund, welche schon etwas tranciger daherkommt als die eher housig-clubbigere aus dem Vorgängertrack. Solide Nummer welche klarmacht dass einem hier wohl mehr erwartet.

    Und Mobula verdeutlicht das dann, auch wenn hiermit der rote Faden des Albums gebrochen und direkt die partytauglichste Nummer ausgepackt wird. Aber sowas von! Und trotzdem trancig. Und housig. Eine super Symbiose. Da stört es auch nicht, dass die Mello irgendwie an Marc Marberg - Guarana erinnert. Das Ding geht einfach nur sooo geil ab, woran auch die irgendwie schiebende Bassline keinen geringen Anteil trägt. Bombe!

    Pomegranate bringt einen dann wieder runter. Sehr chillig und auch eher als Zwischenstück anzusehen. Ein Piano wird begleitet von Vögeln die im Hintergrund zwitschern. Man fühlt sich wie im Garten. Genau das was man braucht, nach so einer Bombe wie Mobula.

    Und ruhig bleibt es erst mal mit Sedative for the Sentimental, aber auf eine eher psychedelische Art. Recht düster, aber auf diese Art wunderschön. Erinnert mich ein wenig an Depeche Mode.

    Die wunderschön depressive Grundstimmung wird weiterhin aufrecht erhalten, allerdings wartet I need Medicine wieder mit einer Bassline auf und sehr kranken Vocals. Und einer fetten Mello, weiteren Vocals im Moby Style und einem melodiösen Climax an dessen Ende man erst mal merkt, dass man sich die ganze Zeit in einem langen Intro befand, denn plötzlich nimmt der Track richtig an Fahrt auf und mutiert zu einer verdammt hübschen Trancenummer. Das Teil ist sowas von genial, erstmal der Aufbau, aber auch die düstere, brummende Bassline gepaart mit teils recht hellen, fröhlichen Sounds, den Vocals, einfach alles!

    Nach diesem Meisterwerk denkt man, man hätte schon alles gehört, aber eine sehr interessante Bassline und ein Gitarrenriff prägen den folgenden Track und geben ihm ein ganz leichtes Westernflair, welches nach dem Break noch durch eine Art "summenden Chor" - welcher schon irgendwie an Enrico Morricone erinnert - verstärkt wird. Sehr verrückter Track irgendwie, zumal ich mich frage, warum der ausgerechnet Bikini Atoll heißt?

    Vom Trance eher weg, befinden wir uns wohl im experimentelleren Teil dieses Albums. Recht loungig kommt z.B. auch 1995 daher. Am Anfang hat man das Gefühl, der immer lauter werdende Track käme auf einen zugeflogen, bis man dann mittendrin ist. In einem Gitarrenriff, welches im Laufe des Tracks durch einen Synthiesound untersützt bzw. gewechselt wird. Viel mehr passiert nicht, bis zum Ende zieht sich das durch.

    Und ganz dem Namen gerecht bleibt auch Calm before the Storm auf der ruhigen Schiene. Wieder einmal männliche Vocals, die ziemlich beruhigend daher kommen, geben dem Track ein gewisses Schlafliedflair und auch hier würde es wohl niemandem auffallen, würde sich der Track auf Mobys Play oder 18 wiederfinden. Hat auch eher Zwischenstückcharakter, auch wenns 3:28 geht.

    Der durch den vorherigen Titel angekündigte Sturm setzt dann tatsächlich ein, nämlich in Form eines Tracks, der wieder eine Bassline aufweist. Allerdings muss man schon etwas warten, bis Flight of the Albatross so richtig los geht, denn der schaukelt sich erst gaaanz langsam und behaglich hoch. Als weiterer tanzbarer Track, und erste Singleauskopplung, kommt er recht monoton daher, wobei sich der Schaukelsound vom Beginn da konstant durch zieht und teils durch weitere Melodiefragmente untersützt wird. Ganz hübsch, besonders auch wieder wegen der Bassline.

    All Good Things come to an end, könnte die Aussage dieses Tracks sein, aber weder sind wir am Ende noch ist es ein Nelly Furtado Remix. Dafür wieder ein sehr sehr hübsches chilliges Stück mit ner wunderschönen Streichermello im Hintergrund, untermalt von einem sanften Bass und ein paar wirschen Sprungfedersounds. Da könnte man sich drin verlieren, aber leider sind dreieinhalb Minuten dafür zu kurz.

    Denn danach geht es dann doch mit dem letzten Track weiter. Und auch hier wieder Gitarren, wie es ja auf Border Community schon lange zum guten Ton gehört. Im Prinzip ist das schon fast ne richtige Rocknummer, denn neben den Gitarren wartet Time's Fool auch mit Vocals in Liedform auf, wenn es auch eher gesprochen und sehr langsam ist. Auf jeden Fall aber sehr hübsch und ein perfektes Ende, welches die "Coloured in Memory" Vocals gaaanz langsam ausfaden lässt.

    Was bleibt mir nun zusammenfassend noch zu sagen? Ich will nicht schon wieder die Nähe zu Moby betonen :D Aber es ist einfach so. Und das ist gut so. Dieses Album ist einfach nur genial! Vor allem, weil es nicht ganz so abgehoben ist wie die - gewiss auch auf ihre Art genialen - beiden Vorgängeralben auf diesem Label. Hier hat man von allem etwas und dennoch ist sogar ein roter Faden drin. Daher spare ich mir auch Einzelbewertungen, denn auch wenn richtige Bomben drauf sind, so muss man dieses Album einfach - wie Border Community Werke eben sind - als Gesamtkunstwerk betrachten.

    Bleibt noch die Wertung. Die lasse ich aber erstmal aus. Denn bevor ich das hier geschrieben habe war ich bei 5,5 nun bin ich bei 6. Muss es erst noch ein paar Mal hören, ehe ich mich da festlege.

    Edit:
    Mit der eigentlichen Absicht diesen Thread zu pushen, lege ich mich mal zwischenzeitlich auf 5,75 von 6 fest, halte mir die volle Punktzahl aber offen für das nächste Mal hochpushen, denn es kann doch echt nicht sein, dass zum besten Album 2007 noch keiner was gesagt hat...

    2 Mal editiert, zuletzt von Kollege B (12. Dezember 2007 um 20:57)

  • Habe mir aufgrund deines Berichts diese CD vor kurzem zugelegt. Leider kann ich erst ab Weihnachten reinhören und berichten.

    Aber bin ziemlich neugierig. Dein Bericht klingt jedenfalls sehr vielversprechend :shy:

  • Ich muss zugeben, Kollege Barohn musste eben schon Zaunpfähle gen alte Heimat werfen, damit ich auf die schlichte Schönheit dieser Werkschau aufmerksam wurde. Wie dem auch sei, hier mein kleines Review:

    [A1] Fade And Saturate: Knackiger und molliger Opener, der gleich mit der Atmosphärenkeule ankommt. Melancholische Vocals passen dazu.

    [A2] Darling's Waltz: Schöne Harmonien, schöne Wendungen, passend unterlegt mit einer unruhigen Bassline. Diese Gegensätze passen hier sehr gut.

    [A3] Pomegranate: Ambienter Track, in dem außer ein wenig Melodie nicht mehr passiert. Muss aber auch nicht.

    [B1] Mobula: Hier werde ich unweigerlich an Özgür Can und seine verschrobenen Werke erinnert. Blubbern und fiepsen sind hier die beliebtesten Berschreibungen für die stattfindenden Geräusche. Gefällt mir echt gut!

    [B2] All Good Things: Wieder im chilligen Ambient-Stil, aber etwas bollernder und chaotischer als bei Pomegranate geht das ganze hier von statten. Die schweren Streicher bedecken die Geräuschsuppe in einer beruhigenden Art und Weise.

    [B3] 1995: Hier befinden wir uns schon beinahe im Genre des Halfstep, was die Vielseitigkeit Fairmonts unterstreicht. Der experimentelle Charakter dürfte sich bei Hinzunahme von bewusstseinserweiternden Substanzen ganz gut entfalten, aber da das nicht meine Tasse Tee ist, lässt mich dieser Track kalt.

    [C1] I Need Medicine: In bester Border Community-Manier mit einer Prise Elektroknarz wabert sich dieser Track sofort ins Herz. Ein paar Sätze, gesprochen von einem Mann (schätzungsweise Anfang 30), kreieren Gänsehautatmosphäre und machen den Track zusammen mit den Melodieelementen fast perfekt. Sehr schön!

    [C2] Bikini Atoll: Nomen est omen, mit einem hallenden Banjo oder wieauchimmer wird hier Südseeflair geschaffen. Irgendwie zündet die Melange aus langsamen, schweren Beats und Sommeratmosphäre bei mir nicht, was auch an der leicht verstörenden Lead-Melodie liegen mag.

    [C3] Calm Before The Storm: Ein ruhiges Stück mit Sänger fast acapella mit leicht epischem Charakter - muss man häufiger hören, um es richtig schätzen zu wissen, denke ich mal.

    [D1] Flight Of The Albatross: Leicht trippige Midtempobeats sind dann schon wieder eher der Sound, den ich von Border Community erwarte. Schräge Melodiefetzen und Flächen runden diesen interessanten Track ab.

    [D2] Sedatives For The Sentimental: Flächenlastig geht dieser Track schon fast in krautige Gefilde, Jean Michel Jarre lässt grüßen.

    [D3] Time's Fool: Leicht beklemmende Vocals und eine sanft gefilterte E-Gitarre bestimmen diesen Downtempo-Track. Epische Gänsehautatmosphäre ist mal wieder im Preis enthalten. Ein schöner Abschluss für das Vinyl-Release.

  • Ich gehe jetzt hier nicht in die Einzelkritik, aber im großen und ganzen ist das Album sehr gelungen. Gute Tempowechsel zwischen Chillout und Techno. Ausser dem Opener sind keine schlechten Trax drauf.